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Nach dem March for Science

| 22 Kommentare

Von Amardeo Sarma

Vermutlich war es der Tropfen auf dem heißen Stein mit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten, der Zehntausende auf die Straße brachte. Denn „alternative Fakten“, gekoppelt mit der Leugnung wissenschaftlicher Erkenntnisse, sind per se nichts Neues. Und die Frage nach den vielen Reden beim „March for Science“ am Samstag ist jetzt die, ob den Worten auch Taten folgen werden.

Die Vertreterinnen und Vertreter der Politik und von wissenschaftlichen Institutionen und Universitäten haben bei der Veranstaltung die allgemeine Bedeutung der Wissenschaft durchaus gut angesprochen.

Aber: Unbequeme Inhalte und Themen wurden weitgehend, mit wenigen Ausnahmen, außen vor gelassen. Ein positives Beispiel in Berlin war der Beitrag der Integrations- und Migrationsforscherin Prof. Naika Fourutan zu den Fakten über die aktuellen Flüchtlingszahlen.

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Wir als GWUP werden nun mit unserer 30-jährigen Erfahrung anhand von drei weiteren Beispielen nachhaken. Sind wir bereit zu handeln?

Für eine an Wissenschaft orientierte Medizin

Wir brauchen ein klares Zeichen für eine wissenschaftliche Medizin und gegen Pseudomedizin an Universitäten und Kliniken. Wissenschaftliche Institutionen sind an dieser Entwicklung nicht ganz unschuldig. Es ist nicht tragbar, dass die Homöopathie an über 30 medizinischen Fakultäten in Deutschland angeboten wird.

Bei den Reden wurde viel über die Freiheit der Forschung gesprochen. Hat diese aber auch für die Lehre „alternativer“ Fakten und Pseudowissenschaften zu gelten? Würde man eine Einhorn- oder Flache-Erde-Fakultät dulden? Wenn nicht, dann muss neben der Freiheit auch die Balance mit Qualität und Wissenschaftlichkeit eingefordert werden.

Und das heißt: Kein Platz für Homöopathie & Co. an Universitäten und Kliniken und auch ein klares Nein für die „Integrative Medizin“ als trojanisches Pferd der Pseudomedizin.

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Unsere Forderung an die Politik: Der Binnenkonsens muss beendet und die Apothekenpflicht für Homöopathika aufgehoben werden. Wir müssen dagegen Ärzte für eine „sprechende Medizin“ viel besser honorieren.

Interesse für Wissenschaft ab der Grundschule wecken

In der Schule gilt es, das natürliche Interesse von Kindern an Sternen, Planeten, Tieren und Dinosauriern fördern. Es gibt kaum etwas Spannenderes, als die Evolution des Lebens und des Weltalls, um Kinder für Wissenschaft zu begeistern. Das sollte Bestandteil der Grundschulbildung sein. So können wir auch kreationistischem Gedankengut vorbeugen.

Wir brauchen eine frühe methodenbezogene wissenschaftliche Bildung für unsere Kinder schon ab der Grundschule. Wir brauchen ein Programm, kritisches Denken an den Schulen zu vermitteln, damit Kinder Täuschung und unhaltbare Behauptungen erkennen können.

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Ende der anti-wissenschaftlichen Verteufelung der Gentechnik

Im Sinne der Verantwortung für eine Welt ohne Hunger gilt es, eine heilige Kuh in Deutschland und Europa zu schlachten: die antiwissenschaftliche und pseudofaktische Propaganda der GMO-Gegner. Wir können nicht den wissenschaftlichen Konsens und den Stand der Wissenschaft in Sachen Klimawandel propagieren und diesen gleichzeitig bei der Gentechnik ignorieren.

Dabei gilt es auch, Pseudofakten bei den Rückzugsargumenten bezüglich der sozialen Folgen bloßzustellen.

Hier müssen wir von Wissenschaftlern aller Disziplinen Rückgrat für ihre Kollegen einfordern, die auf diesem Gebiet hervorrangende Arbeit für die Ernährung der Welt leisten. Dass der Miterfinder von Golden Rice aus Deutschland, Peter Beyer, nicht öffentlich von Wissenschaft und Politik gefeiert wird, ist ein Skandal.

ffss

Von der Politik verlangen wir eine Kehrtwende in Sachen Gentechnik. Die derzeitige deutsche und europäische Politik ist mit verantwortlich für die Erblindung von Kindern und dafür, dass der Hunger auf der Welt nicht effektiver bekämpft wird.

Deutschland und Europa sollten großzügig in die Forschung in eine moderne und zukunftsweisende Agrarwissenschaft einschließlich der Gentechnik investieren. Ein besonderer Augenmerk auf Afrika wäre wichtig, um Wissenschaftler vor Ort zu fördern. Afrika muss in die Lage versetzt werden, sich selbst auch angesichts der zu erwartenden erheblichen Probleme durch die globale Erwärmung zu ernähren. Das wäre gut investiertes Geld.

Wir fordern eine europaweite Gleichstellung der Zulassungskriterien von gentechnisch veränderten Produkten mit denen der konventionellen und der Bio-Landwirtschaft. Die Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln muss abgeschafft werden, um Lebensmittel aus Afrika, Asien und Lateinamerika nicht zu diskriminieren.

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Lackmustest nach dem Marsch

Jetzt, nach dem March for Science, kommt der Lackmustest: Wer unter den Leiterinnen und Leitern großer wissenschaftlicher Institutionen und Universitäten ist bereit, sich für Wissenschaft einzusetzen, wenn das Einstehen für wissenschaftliche Erkenntnisse kein Heimspiel mehr ist und Mut erforderlich ist?

Gibt es auch unter den Politikerinnen und Politikern solche, die sich auch bei kontroversen Themen ohne ängstlichen Blick auf die nächsten Wahlen für Wissenschaft einsetzen?

Zum Weiterlesen:

  • Leopoldina befürwortet Evolution in der Grundschule, diesseits am 21. April 2017
  • „March for Science“ in Heidelberg: Weil es keine Alternative zu Fakten gibt, rnz am 24. April 2017
  • Trump Just Responded To The Science Marches In A Disturbing Way, occupy democrats am 22. April 2017
  • Ein Zeichen gegen postfaktisches Denken, spektrum am 23. April 2017
  • Fotos: March for Science in Freiburg, Badische Zeitung am 22. April 2017
  • Fakten sind sexy: 2500 Teilnehmer beim „March for Science“, Taunuszeitung am 23. April 2017
  • „Baut Labore, keine Mauern“, Zeit-Online am 23. April 2017
  • ScienceMarch: Spät, aber wichtig, telepolis am 24. April 2017
  • Die Science Marches waren wichtig, Laborjournal am 24. April 2017

22 Kommentare

  1. Ich möchte in dem Zusammenhang auch auf die Podiumsdiskussion „Wissenschaft nach dem Science March“ in Heidelberg hinweisen, an der auch Amardeo Sarma teilnehmen wird. https://www.facebook.com/events/1853612411543371/

  2. Nicht repräsentative Methode: Science March Deutschland: Wer marschiert da – und wofür? http://www.wissenschaftskommunikation.de/science-march-deutschland-wer-marschiert-da-und-wofuer-4487/

  3. @Amardeo
    Deine Punkte 1 und 2 sind mir aus dem Herzen gesprochen. Ich hoffe sehr, dass wir in Berlin Gelegenheit haben, das zu vertiefen und konkret etwas planen, statt über Nebensätze in der Satzung zu diskutieren, wie es ein Mitglied beantragt hat.

  4. Dieser Marsch hatte sich für mich in dem Moment erledigt als „Er ist ein alter, weißer Mann.“ für die Organisatoren ein valider Grund war gegen Bill Nye zu agitieren.
    Nicht, dass es keine validen Gründe gegen ihn gegeben hätte – etwa, dass er kein Wissenschaftler ist – nein, weiß und männlich zu sein ist wohl viel schädlicher für eine derartige Veranstaltung.

    „But I do feel comfortable saying to you what I said to the steering committee: He is a white male, and in that way he does represent the status quo of science, of what it is to be a scientist.“ – Stephani Page

    Und um zu zeigen wie divers die Organisatoren doch sind wurden Nye zwei Frauen an die Seite drapiert.
    So unterstützenswert dieser Marsch ursprünglich einmal war, wenn Geschlecht und Hautfarbe dabei wichtiger werden als das eigentliche Ziel ist mir das keinerlei Unterstützung mehr wert.

    https://www.buzzfeed.com/azeenghorayshi/march-for-science-diversity?utm_term=.pjObQ9q8WJ#.yyB6oNxAMr

  5. Mit diesem Marsch und dem Ergebnis sind nicht alle zufrieden: http://www.danisch.de/blog/2017/04/23/aufmarsch-der-wissenschaftsheuchler/

  6. @Jörg J.:

    << Mit diesem Marsch und dem Ergebnis sind nicht alle zufrieden. << Mir wäre neu, dass es das Ziel war, alle und jeden "zufrieden"zustellen. Ich selbst habe eine weitaus längere Liste von kritischen Artikeln und Beiträgen dazu als dieser eine und z.T. natürlich bedenkenswert, z.B.: https://www.rubikon.news/artikel/march-for-science-dead-men-walking

  7. Die Veranstaltungen waren grundsätzlich gut, wichtig und notwendig.

    Was einzelne daraus machen, darin sehen wollen oder gar missbrauchen für eigene Zwecke, das kann man schwer oder gar nicht verhindern.
    Wäre für mich kein Grund es in Zukunft bleiben zu lassen.

    Mich hat auch die ein oder andere Meldung die ich so am Rande wahrnehme irritiert. Dass sich plötzlich Grüne Trittbrettfahrer nach vorne drängen und sich als Befürworter von Wissenschaft inszenieren. Ausgerechnet die Partei, die für mich seit 3 Jahrzehnten das postfaktische schlechthin repräsentieren und so ziemlich jede Form von Wissenschaft, welche nicht ihrer Ideologie entspricht bekämpft und blockiert wo es nur geht.

    Die Befürworter von Homöopathie und HP-Wesen. Eigentlich ein Schlag ins Gesicht.

    War schnell klar worum es wirklich ging…sie wollten die Gelegenheit nutzen und für ihre Genderforschung zu werben.

  8. @Bernd Harder:
    >> Mir wäre neu, dass es das Ziel war, alle und jeden „zufrieden“zustellen.

    Eine Veranstaltung gleich welcher Art kann niemals alle und jeden zufriedenstellen, das ist klar.

    Ich sehe ein, dass ein mehr oder weniger verständlicher Halbsatz gefolgt von einem Link nicht direkt von großer inhaltlicher Tiefe zeugt – vor dem Schreiben etwas länger und intensiver nachdenken was man eigentlich sagen will kann nicht schaden. Nun gut, ich versuche es.

    Also:
    Als ich von dieser Veranstaltung gelesen hab war mir der Sinn im Grunde völlig klar und ich dachte dass das eine sehr gute Idee ist. Gleichwohl bin ich nicht davon überzeugt, dass man die Leute die es zu überzeugen gilt damit in der Masse erreichen kann. Es ist jedoch insgesamt besser es zu versuchen als es zu lassen. Wenn man nichts macht dann erreicht man mit Sicherheit auch niemanden.

    Unter dieser Prämisse habe ich Hadmuts Artikel gelesen und war überrascht, was man da so alles noch hineininterpretieren kann – auch wenn ich davon überzeugt bin, dass das von den Organisatoren und den Unterstützern so niemals gedacht oder gemeint war.

    Dass Hadmut sich auf Genderisten, Humboldt Universität und die SPD eingeschossen hat ist kein Geheimnis, und es darf auch keinen wundern dass er sein Thema hier auch wiederfindet. Ich finde Hadmuts Artikel allerdings so interessant und er hat mich selber an einigen Punkten zum Denken angeregt so dass ich diesen Artikel hier bekanntmachen wollte.

    Ich bitte um Entschuldigung dass meine erste Wortmeldung so überaus kurz und so wenig aussagekräftig war.

  9. @Jörg J:

    << Ich bitte um Entschuldigung dass meine erste Wortmeldung so überaus kurz und so wenig aussagekräftig war. << Nicht doch, kein Ding. Vielen Dank für Ihre ausführliche Erläuterung!

  10. Rubikon?
    Im Beirat Daniele Ganser?
    Irgendwie ein bisschen verwirrt.

  11. @Clemens M.:

    Es geht mir darum, zum Ausdruck zu bringen, dass wir durchaus wissen, dass es in ganz unterschiedlichen Medien Kritik am MfS gab, mal mit guten, mal mit schlechten Argumenten, mal eindeutig ideologisch zu verorten, mal weniger.

    Jeder von uns hat sich [wahrscheinlich] mit dem Für und Wider befasst, auch mit „Rubikon“-Texten, und dann entschieden.

  12. Ich habe den Herrn als Baumeister allen Lebens.
    Mehr brauche ich nicht!

  13. Ist das die „Gaby“ aus dem „Christlichen Forum“?
    Ja, wo bleibt die „Warnung“…und warum schnattert Ihre „Prophetin“ nicht mehr? :-)

  14. @Ralf i.V.:

    Gerne auch als Impfgegnerin unterwegs.

  15. @Bernd Harder
    Das bedingt sich leider, da die „Hardcore-Christen“ Angst haben, daß sie dabei „gechippt“ werden und dann das Malzeichen des „Tieres“ tragen…
    Johannes Offenbarung 13,18 – ich hoffe die Textstelle die stimmt, ich hab‘ das jetzt mal so aus dem Stegreif aufgeschrieben, aber mein halbes Leben habe ich mit diesem Irrsinn verbracht ;-)

  16. @Ralf:

    << Das Böse getarnt als Gutes. << Ja, da schimmert schon Einiges an religiöser Verblendung durch.

  17. Aber das Malzeichen des Tieres soll doch an der Stirn getragen werden, oder erinnere ich mich da falsch? Obwohl, egal.

  18. @gnaddrig
    Nein, an der Hand, das Zeichen des Lammes (Gottes), der Auserwählten ist auf der Stirn angebracht…das sind die 144 Tausend…

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