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„Lachanfall“: Homöopathen und ihre Wattwurmsymptome

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Lasse meinen Hund aus meinem Wasserglas trinken.

Ich habe kein Zeitgefühl, die Umwelt ist nicht wichtig, ich bin nicht wichtig, einfach nur sein.

Ich bin nicht von dieser Welt, schaue auf mich herunter, bin über meinem Kopf, habe ganz lange Arme und Beine, habe das Gefühl, ein Riese zu sein, Arme und Beine sind ein Meter länger. Gleichzeitig bin ich völlig außerhalb meines Körpers, angenehmes Gefühl, nur während meiner beruflichen Arbeit ein Handicap.

Schrecke die Eier, anstatt mit kaltem Wasser, mit heißem ab, bemerke es erst beim Abschütten des Wassers, als ich mir die Finger verbrenne.

Linkes Nasenloch verstopft.“

Nonsens-Dichtung? Regieanweisungen für eine SAT.1-Impro-Comedy? Ein Tagebuch aus Absurdistan?

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Nein, sondern „Wattwurmsymptome“ aus dem Protokoll einer homöopathischen Arzneimittelprüfung (hier geht’s zum PDF):

Ich lebe in Ostfriesland, umgeben von der Weite des Landes, unter der Veränderlichkeit dieses Himmels und der Unendlichkeit der Nordsee. Ich bin gerne hier, will nirgendwo anders sein.

Er lebt auch hier, der Wattwurm.

Durch Prüfung an gesunden Menschen, die uns zeigt , welche Kraft in diesem Sandbewohner gebunden ist.  In ihm, der da draußen wohnt im Watt, mit den Gezeiten lebend, im periodischen Wechsel durch die Gestirne.“

Zunächst muss der sympathische Geselle unsanft dran glauben:

In der Zwischenzeit wurde das zu prüfende Tier, während der Ebbe hier aus dem Watt in Neuharlingersiel entnommen, sogleich mit dem Auto zur Apotheke überführt und dort lebend verrieben. Ich erhielt die von mir gewünschten C12, C30 und C200 Potenzen zurück, sowie arzneilose Milchzuckerglobuli.“

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Dann üben sich 15 Frauen und Männer eine Zeit lang im freien Assoziieren, woraus ein umfangreiches Repertorium erstellt wird, aus dem man alles und nichts zur angeblichen Wirkung von „Arenicola marina“ C12 und C30 herauslesen kann – von „freundlich/fröhlich“ bis zu „aggressiv/irritiert“.

Am trefflichsten bringt die ganze Chose einer der Teilnehmer selbst zum Ausdruck:

Lachanfall, ich lache aus Fröhlichkeit, lache Tränen über die Anweisungen zur Arzneimittelprüfung, die ich gerade durchlese.“

Zum Weiterlesen:

  • So finden Homöopathen ein neues Mittel: Game of Thrones und vergewaltigte Engel, GWUP-Blog am 12. Juni 2016
  • Gefühllose Schaben und Typhus: Homöopathie zwischen Komödie und Tragödie, GWUP-Blog am 27. Mai 2013
  • Wenn Globuli-Hersteller vor Gericht ziehen, wird’s lustig, GWUP-Blog am 16. Februar 2017
  • Was bleibt eigentlich von der Homöopathie übrig, wenn man die Globuli weglässt? DocCheck am 13. Februar 2017
  • Homöopedia: Homöopathische Arzneimittelprüfung
  • Homöopathische Arzneimittelprüfung – scheinbare Wissenschaft, Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie am 7. Januar 2014

11 Kommentare

  1. Man, jede Arzneimittelprüfung ist ja schlimmer, als jeder LSD-Trip, den ich erleben „durfte“ :-)
    Zum Glück habe ich nicht in meiner Jugend mit Wattwürmen experimentiert… :-)

  2. Schon Hahnemann verzeichnete bei seinem heute selbst von Homöopathen nicht mehr ernstgenommenen Chinarindenversuch allen Ernstes 1143 „Symptome“.

    Seine Sepia-Prüfungen beispielsweise 1442 „Symptome“. Da werden sich doch Redundanzen mit dem Wattwurm ergeben, so dass man das arme Tier doch in Ruhe lassen kann! Oder natürlich man suchte gezielt nach einem Mittel gegen schlammige Füße und Salzwassergeschmack im Mund…

    Mir ist doch irgendwie in Erinnerung, dass damit geworben wurde, die Homöopathie sei tierversuchsfrei …? Was allerdings schon wegen Apis nicht stimmte.

    Es gibt kaum etwas Groteskeres als diese ausufernden Ergebnisse der „Arzneimittelprüfungen am Gesunden“. Meist handelt es sich ja auch gar nicht um Symptome, sondern um psychische „Befindlichkeiten“. Sieht man ja hier an diesem Beispiel auch.

    Und das, wo die Homöopathen doch stets behaupten, gerade bei der Arzneimittelprüfung sei man doch unbezweifelbar auf dem Boden empirischer Wissenschaftlichkeit…

  3. @crazyfrog:

    Nur vorsorglich: Ja, das gibt es wirklich und ist ernst gemeint:

    http://www.remedia.at/triebwerksoelmischung-flugzeug/a13236

  4. „Placeboprüferinnen:

    Drei Prüferinnen nahmen arzneilose Milchzuckerglobuli
    ein und brachten Symptome und
    Träume hervor, die den Symptomen der Prüferinnen und Prüfer entsprachen.
    Dies ist für mich eine Erfahrung um die ich sehr dankbar bin.“

    Dumm ist nur, dass niemand Frau Thiel gesagt hat, welche Schlußfolgerung sie an der Stelle zu ziehen hat.

  5. @Ralf im Vollrausch

    Wieso ? Knallen die Wattwürmer genau wie die Kröten ? Muss man an denen auch lecken ? ;) *101

  6. @nihil jie

    Lecken? Mit solch primitiven Handlungen geben sich wohlgesonnene Homöopathen nicht ab. Sie gehen noch eine Stufe weiter!
    Im Artikel steht unten ganz klar und deutlich: „Linkes Nasenloch verstopft.“

    Nun rate mal … :-)

  7. @ Noncredist:

    Oha, was wird dann wohl erst passiert sein, wenn ein HP-Prüfer ein Brennen im Analbereich protokolliert?

  8. @noch’n Flo:

    << Bekanntes Analekzem juckte sehr heftig. Prüfer 1, C12, 00:19:20 <<

  9. Ja, ich kenne diese Prüfung schon seit Jahren. Im Sinn geblieben ist mir vor allem:

    „…Prüferin 12 wurde nach neun Jahren, sechs Wochen nach Beendigung der Prüfung schwanger. Erlitt leider im dritten Monat dann eine Fehlgeburt. ..“

    Und ich dachte immer, schwanger werden geht anders…

  10. @ Ich:

    Das war dann wohl eine Prüfung mit Anti-Baby-Pille C200.

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