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„Grassierender Humbug“: Homöopathie im Laborjournal – und sogar im „Economist“

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Das neue Laborjournal ist heute erschienen – mit einem feinen Rant gegen Homöopathie und das Heilpraktiker-Unwesen im Editorial.

LJ

Ein Auszug:

Angesichts der Tatsache, dass das homöopathische Behandlungskonzept seit mehr als 200 Jahren jeden Nachweis seiner Wirksamkeit schuldig geblieben ist, war es allerhöchste Zeit, dass sich in Esoterik-Deutschland eine Stimme der Vernunft erhob.

Sie gehört dem der breiten Öffentlichkeit unbekannten Juristen und Verwaltungsdienstler Josef Hecken. Dieser ist seit dem 1. Juli 2012 Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), dem höchsten Organ im deutschen Gesundheitswesen.

Nun gibt es diesen famosen Bundesausschuss bereits seit 2004 und da fragt man sich schon, was dieser eigentlich die letzten zwölf Jahre gemacht hat, angesichts der steigenden Dominanz parawissenschaftlichen Unsinns im Angebotskatalog deutscher Krankenkassen.“

Sogar die britische Wochenzeitschrift The Economist verfolgt die Homöopathie-Debatte in Deutschland.

eco

Nobody denies that some people are sincerely convinced they benefit from homeopathy. This is thanks to the placebo effect – the more one believes, the bigger the effect.

But no respectable scientific study has ever shown anything beyond that.

That is why a group of German professors and doctors, including Mr Schmacke, met in Freiburg earlier this year to issue a declaration. Homeopathy is „a stubbornly surviving belief system“, they argue, which „cannot explain itself“ and relies on „self-deception“ by patients and therapists.“

Zum Weiterlesen:

  • Forschung in der Homöopathie: Pseudowissenschaft für Pseudomedizin, Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie am 13. September 2016
  • Hecken im DAZ-online-Interview: Homöopathie-Studien sollten unabhängig überprüft werden, GWUP-Blog am 9. September 2016
  • Die Krankenkassen und die Paramed… äh, Alternativmedizin (1) – Wo kommt das her und wie wird man das los? Psiram am 4. November 2014
  • Die Krankenkassen und die Paramed… äh, Alternativmedizin (2) – Wo kommt das her und wie wird man das los? Psiram am 4. November 2014
  • Homeopathy in Germany: Not a molecule of sense, The Economist am 10. September 2016
  • Wohin führt die aktuelle Homöopathie-Debatte? Gesundheits-Check am 12. September 2016

6 Kommentare

  1. Nur eine Anmerkung zum Editorial des Laborjournals:

    Hecken und dem Bundesausschuss ist kein Vorwurf zu machen. Die Erstattung von Homöopathie als Satzungsleistung der Kassen ist einer Lücke zu verdanken, die das GKV-Versorgungsgesetz 2012 geschaffen hat.

    Der Gemeinsame Bundesausschuss befindet nur über die Regelleistungen, die sich nur auf evidenzbasierte Methoden und Mittel beziehen dürfen. Der Gesetzgeber befand es aber als angemessen, mit dem GKV-Versorgungsgesetz den Kassen freizustellen, NEBEN den Regelleistungen im Rahmen von „Satzungsleistungen“ auch Leistungen „sonstiger Leistungserbringer“ aufzunehmen, wenn sie es denn möchten.

    Zu den sonstigen Leistungserbringern gehören nun wieder die homöopathischen Ärzte – aufgrund des unsäglichen Binnenkonsens, der u.a. homöopathische Mittel vom Wirkungsnachweis freistellt.

    Das läuft alles an Hecken und seinem Bundesausschuss vorbei. Umso verdienstvoller, dass er sich lautstark zu Wort meldet.

    Nähere Darstellung findet sich ganz aktuell beim INH unter:

    http://www.netzwerk-homoeopathie.eu/kurz-erklaert/158-argument-aber-die-krankenkassen-wuerden-doch-keine-wirkungslosen-mittel-bezahlen

  2. Damit genügt wohl eine klitzekleine Änderung im GKV-Versorgungsgesetz um die Homöopathen und ihre Mitschwurbler aus ihren feuchten Träumen zu reißen:
    …im Zuge einer Zusatzversicherung…

  3. Homöopathische Behandlungen konnten auf anderer Grundlage, z.B. Wahltarifen, auch schon vor 2012 von den Kassen erstattet werden, man müsste die Geschichte der Homöopathie als Kassenleistung einmal recherchieren, vermutlich gibt es dazu auch Literatur.

    Interessant ist in dem Zusammenhang auch die Debatte um § 135 SGB V Ende der 1990er Jahre. Siehe dazu z.B. den Beitrag im SPIEGEL vom 19.5.1997 und die auch für die aktuelle Diskussion hoch relevante Bundestagsdrucksache 13/8280 vom 23.07.1997 mit der Erläuterung der Bundesregierung, was die Neuregelung in § 135 SGB V für die wissenschaftliche Prüfung der Behandlungsverfahren bedeutet bzw. nicht bedeutet.

  4. @ Catweazle: So ist es. Es muss aber auch unbedingt der verflixte Binnenkonsens weg, der die sogenannten „alternativen Therapieeinrichtungen“ nach wie vor mit Privilegien gegenüber der wissenschaftsbasierten Medizin ausstattet.

  5. da es ja in wirklichkeit „nur“ um werbung, nicht um diesen unsinn homöopatie, geht:

    mein vorschlag als werbeknaller – statt homöodingsbums, brillen und zahnersatz als kassenleistung, denn da brennt die hütte, zuzahlung für normalos sehr belastend.

    „ausdücklich“ ich meine „normale gestelle“ und nix mit gold im mund. bin überzeugt die vernunft würde sich durchsetzen.

  6. Tja, Brillen und Zahnersatz sind halt nun mal real recht kostenintensiv, deswegen sind die Kassen hochzufrieden, das nicht in Rahmen ihrer normalen Leitungen schultern zu müssen.

    Und über die Erstattung von Homöopathie läuft der Konkurrenzkampf um die für die Kassen kostengünstigen Patienten, denen nichts oder nur wenig ernsthaftes fehlt. Fazit: der Konkurrenzkampf auf dem Gesundheitsmarkt ist das Problem (aber pst!, da bist du gleich Kommunist, wenn du das laut sagst).

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