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Sind die Behauptungen der Homöopathen wissenschaftlich unredlich?

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Schwer getroffen hat den Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) der Vorwurf der „wissenschaftlichen Unredlichkeit“, den das Informationsnetzwerk Homöopathie im Zusammenhang mit dem aktuellen „Reader“ zum Stand der Forschung zur Homöopathie erhoben hatte.

In einer Stellungnahme fordern die Homöopathen das INH dazu auf, „entsprechende Beweise“ vorzulegen – was einigermaßen kurios ist, da

a) alle diesbezüglichen Belege, Kommentare und Anfragen der Skeptiker vom DZVhÄ seit Jahren konsequent ignoriert und totgeschwiegen werden;

b) „Der Vorstand des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte“ in der Stellungnahme zugleich seine tiefe Abneigung gegenüber „Beweisen“ jedweder Art kundtut.

Wie auch immer: Das INH hat heute eine „Reaktion auf die Replik des DZVhÄ“ veröffentlicht.

Auch Dr. Joseph Kuhn reflektiert im Science-Blog Gesundheits-Check die Frage, ob der Vorwurf der „wissenschaftlichen Unredlichkeit“ in Bezug auf Homöopathiestudien belegt ist, und kommt dabei zu einem noch weiter reichenden Schluss:

Zumindest aber sind solche Heilungsversprechen [der Homöopathie] unredlich, sie verletzen die „intellektuelle Redlichkeit“ im Sinne einer Pflicht zur Wahrhaftigkeit gegenüber sich selbst und anderen (Tugendhat) und sie verletzen möglicherweise auch das ärztliche Berufsrecht. Nach § 27 der Musterberufsordnung der Bundesärztekammer ist Ärzten „insbesondere eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung“ verboten.

Ein Fall für die zuständige Ärztekammer?“

INH-Initiator Dr. Norbert Aust hat parallel dazu den zweiten Teil seiner Detailanalyse des homöopathischen „Forschungsreaders“ online gestellt. Allein schon aus dieser eingehenden Prüfung einer Pro-Homöopathie-Ausarbeitung von Jens Behnke (Carstens-Stiftung) mit dem Titel „Meta-Analysen in der klinischen Forschung zur Homöopathie“ wird die wissenschaftliche Unredlichkeit der Homöopathen hinreichend deutlich:

Das Bild der Homöopathie als einer wirksamen Therapieform, das der Öffentlichkeit vermittelt wird, [ist] grundfalsch und geeignet, Patienten zu für sie nachteiligen Entscheidungen zu beeinflussen […] Welche Motivationslage bei den Verfechtern der Homöopathie dahinter stehen mag, kann sich der Leser vielleicht selbst überlegen.“

Zum Weiterlesen:

  • Reaktion auf die Replik des DZVhÄ, Informationsnetzwerk Homöopathie am 7. Juli 2016
  • Intellektuelle Redlichkeit und homöopathische Heilungsversprechen, Gesundheits-Check am 7. Juli 2016
  • WissHom II: Falsche Darstellung der Reviews zur Homöopathie, Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie am 7. Juli 2016
  • Heute schon gelacht? Die neueste Studie über Homöopathie bei Heuschnupfen, GWUP-Blog am 5. Juli 2016
  • Studien-Debatte: Woher wissen wir, was wirkt? GWUP-Blog am 2. Juli 2016
  • 60 Seiten Papierverschwendung: Der „Reader“ der Homöopathen zum aktuellen Forschungsstand, GWUP-Blog am 29. Mai 2016
  • „Ergebniswäsche“: Detailanalyse des Forschungsreaders Homöopathie der WissHom, GWUP-Blog am 19. Juni 2016
  • „Studien-Daten“ und die Realitätsverweigerung der Homöopathen vom DZVhÄ, GWUP-Blog am 18. Oktober 2015

11 Kommentare

  1. Wer mag, darf gerne dem DZVhÄ ein wenig Trost zusprechen (auf Facebook): https://www.facebook.com/deutscherzentralverein.homarzte/posts/1649963125326257

  2. Dünne Luft… in der Tat.

    Ich habe (hier leicht gekürzt) beim Zentralverband der Zuckerärzte folgenden Beitrag hinterlassen, der versucht, auch den Aspekt unredlicher Wortklauberei seitnes des DZVhÄ zu beleuchten:

    „Man hätte ja seitens des Informationsnetzwerks auch einfach antworten können: Welcher akademische Diskurs?

    Im Bereich der Homöopathie müsste es doch schon als Kompliment angesehen werden, überhaupt mit dem Wissenschaftsbegriff in Verbindung gebracht zu werden, und sei es mit wissenschaftlicher Unredlichkeit.

    Nebenbei gesagt, der “Vorwurf”, gegen den der Zentralverein der Zuckerärzte angehen will, ist vom Informationsnetzwerk Homöopathie nie erhoben worden. In der Stellungnahme zum 60-Seiten-Reader der WissHom führt das Informatiosnetzwerk wörtlich aus:

    ‚Es gibt keine Grundlagenforschung zur Wirkung homöopathischer Arzneimittel, die nachvollziehbar wissenschaftliche Evidenz aufweist. Es bleibt bei den bekannten Ergebnissen, die entweder als wissenschaftliche Unredlichkeit oder als nicht reproduzierbare Pseudoergebnisse erwiesen sind bzw. als Inanspruchnahmen nicht- oder halbverstandener Forschungsergebnisse aus fachfremden Forschungsbereichen.‘

    Der Begriff der wissenschaftlichen Unredlichkeit wurde vom Informationsnetzwerk neben anderen Termini also ausschließlich dazu benutzt, die sogenannten “Ergebnisse der Grundlagenforschung” in der Homöopathie zu qualifizieren. Keine Studie, keine Darstellung im Papier der WissHom ist mit dieser Bezeichnung belegt worden.

    In Anbetracht dessen, dass Grundlagenforschung in der Homöopathie das Sich-Abarbeiten am Nichts ist, muss sogar diese Bezeichnung eigentlich noch als Kompliment durchgehen.

    Der DZVhÄ macht sich also selbst einer im allgemeinen Diskurs nicht akzeptablen Unredlichkeit schuldig: Er dreht dem Informationsnetzwerk Homöopathie das Wort im Mund um, um damit Empörung simulieren zu können.

    Ganz nebenbei zur wissenschaftlichen Methodik: Es gibt einen Unterschied zwischen „wissenschaftlicher Unredlichkeit“ und „wissenschaftlichem Fehlverhalten“. Letzteres ist durch die Wissenschaftscommunity eindeutig definiert, im Zweifel empfehle ich die Konsultation der doch manchmal hochzuschätzenden Wikipedia.

    Dieser von der Community definierte Begriff, das Fehlverhalten, ist es, der den „schwerwiegendsten Vorwurf, der im akademischen DIskurs erhoben werden kann“ beinhaltet. Nicht der Begriff der „wissenschaftlichen Unredlichkeit“, der hat eine ganz andere Qualität und steht sogar der umgangssprachlichen Verwendung frei.

    Auch hier habe ich im Zweifel eine Empfehlung zur Information über die Begriffsinhalte: Den Duden.“

    Das kommt davon, wenn man in einer eigenen Blase von Wissenschaftlichkeit und wissenschaftlicher Methodik lebt, mag diese Blase auch aus Zuckerschaum bestehen.

  3. Ich gestehe vielen Homöopathen intellektuelle Redlichkeit in dem Sinne zu, dass sie aufrichtig an ihre Sache glauben. Es ist eben schwer, grundlegende Glaubenssätze infragezustellen.

    Den Funktionären des Zentralvereins nehme ich den guten Glauben aber nicht mehr ab. Wer so wie sie bei jedem Einwand mit den gleichen alten Sprüchen kommt, sich selbst vom haasträubendsten Unsinn in der eigenen Gemeinde nicht distanziert und kein ad hominem scheut, der macht schlicht Lobbyarbeit für’s Geschäft.

    Ich frage mich, wie die Leute ihre Patienten wahrheitsgemäß aufklären wollen, wenn sie keinen Zweifel an der eigenen Methode zulassen.

  4. Das Gegennüber in der Diskussion herabwürdigen, indem dessen Name verballhornt wird, Verniedlichungsformen angehängt werden, der Diskutant absichtlich mit falschem Namen angesprochen wird.

    So alte wie beliebte Methoden, um ganz subtil Treffer unter der Gürtellinie landen zu können. Und man kann sich so schön schlecht dagegen wehren. Es ist wie mit dem Armleuchter, der einem kumpelhaft den Arm um die Schulter legt.

    Schüttelt man den entschieden ab, dann kommt ein pikiertes „Ja was ist denn mit Dir los?!“; „Jetzt hab Dich mal nicht so!“; „Stock im Arsch oder was, hast Du keinen Humor?“

    Der Name „Anti-Homöopathie-Netzwerk“ taucht schon im zweiten Satz des DZVÄ-Artikels auf (Am 28.Mai hat das sogenannte „Informationsnetzwerk Homöopathie, INH“ (Anti-Homöopathie-Netzwerk).

    Danach noch dreizehnmal, wenn ich mich nicht vertan habe. Dreizehnmal, ohne daß noch ein einziges Mal der korrekte Name „Informationsnetzwerk Homöopathie“ genannt wird. Auf dem Internetauftritt einer Interessenvereinigung, die eine eigene PR-/Presseabteilung unterhält. Menschen also, deren Profession u.A. darin besteht, genau zu wissen, was sie wann warum genau so äußern, wie sie es tun.

    Und dieser DZVÄ stellt sich nun hin und fordert Redlichkeit im Umgang miteinander ein. Mein lieber Scholli! Dazu braucht es schon eine gehörige Portion an Unverfrorenheit und Dreistigkeit.

  5. OffTopic, hat aber mit Redlichkeit sehr wohl etwas zu tun:

    Mir ist Folgendes aufgefallen: Auf den eher allgemeinen Einwand, die Homöopathie würde unseren Naturgesetzen widersprechen, kommt in der Regel der Verweis auf die nebulöse Zukunft, in der sich alles naturgesetzlich ändert und Homöopathie selbstverständlich plausibel ist.

    Wenn allerdings Johannes Güntert sein lässiges „Die Homöopathie widerspricht dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik.“ in die Kommentarspalten plautzen läßt, dann kommt ziemlich zuverlässig keine Reaktion.

    Das mag sicherlich zum Teil damit zusammenhängen, daß sich in einer öffentlichen Onlinediskussion keiner eine Blöße geben will. Die Schulzeit mit ihrer vermaledaiten Physik und den blöden Sätzen, die man auswendig lernen mußte, ist schon ewig und drei Tage her.

    Außerdem wäre die normale entspannte Reaktion: „Ja wieso widerspricht das jetzt dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik?“ – macht sich nicht gut, wenn man diesbezüglich völlig im Dunkeln tappt und nicht weiß, worauf der Poster hinaus will.

    Daneben gibt es aber noch eine zweite Gruppe unter den Homöopathieapologeten, die sich der Tragweite, die hinter dieser Aussage steckt, absolut bewußt ist. Und diese Tragweite lautet doch letztlich folgendermaßen: entweder, wir existieren und diskutieren gerade über Möglichkeit oder Unmöglichkeit von Homöopathie, oder die Homoöpathie funktioniert.

    Entweder, die/der homöopathische Ärztin/Arzt des Vertrauens sitzt nächste Woche wieder in ihrer/seiner Praxis und verschreibt Homöopathika, oder Homöopathie funktioniert. Entweder nächste Woche gibt es wieder etliche ApothekerInnen, die hinter ihrem Tresen stehen und Patienten Homöopathika verkaufen, oder Homöopathie funktioniert. That´s it.

    Kein „javielleichtundunterUmständenjadocheventuellsoeinbißchen“. Ein knallhartes Entweder/Oder.

    Und ein Großteil der an Homöopathie Verdienenden mit der dazu nötigen Bildung, die nicht zwingend ein naturwissenschaftliches Studium erfordert, ist sich absolut im Klarem darüber.

  6. @Sgt. Prepper:

    << Das Gegennüber in der Diskussion herabwürdigen, indem dessen Name verballhornt wird, Verniedlichungsformen angehängt werden, der Diskutant absichtlich mit falschem Namen angesprochen wird. << Spaß machen würde es schon, die "WissHom" künftig "Witzhom" zu nennen ...

  7. @ Sgt. Prepper
    Ich vermute die Verballhornung des Namens hat zwei Gründe. Würde man den Namen „Informationsnetzwerk Homöopathie“ so häufig benutzen, stiege deren Relevanz bei Google. Darüberhinaus versucht man vermutlich den eigenen Begriff als Standard zu etablieren. Mit dem Wort „Schulmedizin“ ist ihnen das bereits sehr gut gelungen. Wir sollten die – organisierten – Homöopathen nicht unterschätzen. Medizin können die nicht, aber Marketing.

  8. >> Spaß machen würde es schon, die “WissHom” künftig “Witzhom” zu nennen …

    Ja, und den DZVhÄ nur noch mit „Ärzte“ in Anführungszeichen. Intern ist sowas womöglich schon mal vorgekommen, im Außenverhältnis selbstverständlich nicht. Bezeichnend, dass die dergleichen Herablassung für nötig, gerechtfertigt oder angemessen halten.

    Wobei, wie die das INH und die GWUP intern nennen, wär natürlich schon mal interessant zu wissen. Ist ja vielleicht was wirklich Lustiges dabei?

  9. Guten Tag,
    mich interessiert gerade, wie Skeptiker die Berichte in dem Doku einordnen:
    https://www.youtube.com/watch?v=LjhFjqjiT2w
    Mit neugierigen Grüßen
    Ihr Ted

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