gwup | die skeptiker

… denken kritisch seit 1987.

„Die heillosen Praktiker“ demnächst als Buch

| 12 Kommentare

Vor einem Jahr haben wir darüber berichtet, dass die Autorin Anousch Mueller an einem Buch über ihre erschreckenden Erfahrungen bei der Heilpraktiker-Ausbildung arbeitet.

Im Mai soll „Unheilpraktiker“ nun erscheinen.

Unheilpraktiker von Anousch Mueller

Der Riemann-Verlag schreibt dazu:

Für viele Patienten sind Heilpraktiker die letzte Hoffnung – scheinen Sie doch eine natürliche, ganzheitliche, menschlichere Medizin anzuwenden, die sich von der kalten „Apparatemedizin“ abgrenzt.

Nur wenige wissen jedoch, worauf sie sich wohlmöglich einlassen: Es gibt keine geregelte Ausbildung. Heilpraktiker-Anwärter werden mit irrationalen Theorien indoktriniert. Und während von medizinisch sinnvollen Behandlungen abgeraten wird, muss mancher Patient als Versuchskaninchen für heillose Praktiken herhalten.

Anousch Mueller berichtet über die Methoden eines vom Staat unregulierten Geschäfts mit unserer Gesundheit. Sie nimmt fragwürdigen Therapien von Bioresonanz- bis Zelltherapie unter die Lupe.

Schließlich formuliert sie ein leidenschaftliches Plädoyer für die Reform des Berufsstands, der in zeitgemäßer Form dem Kranken wirklich dienen könnte.“

Zum Weiterlesen:

  • Heilpraktiker: “Irrationalismus und voraufklärerisches Denken”, GWUP-Blog am 16. Februar 2015
  • Heilpraktiker: Die Hoppla!-Therapeuten, DocCheck am 14. September 2015
  • Heilpraktiker-Unwesen: Der „Horror-Erlebnisbericht einer Krebspatientin“ bei Spiegel-TV, GWUP-Blog am 16. August 2015
  • Ein „Bund“ zwischen Ärzten und Heilpraktikern? Das freut nur die Pseudomediziner, GWUP-Blog am 21. Juni 2015
  • Heilpraktiker sind wie Piloten, die nur wissen, wo sie nicht hinfliegen dürfen, GWUP-Blog am 19. September 2014
  • Die absurde finanzielle Ungleichbehandlung von Ärzten und Heilpraktikern, GWUP-Blog am 18. Juli 2014
  • “Heilpraktiker” noch zeitgemäß? GWUP-Blog am 13. November 2012
  • Im Bund Deutscher Heilpraktiker und Naturheilkundiger fliegen die Fetzen, Süddeutsche am 1. März 2016

12 Kommentare

  1. Wie das Problem gelöst werden kann, ist mir auch unvorstellbar: wie die Konkurrenz zwischen „Heilpraktiker“ und „Arzt 2000+“ zu lösen ist.
    Der menschliche Faktor – innerhalb der Apparate-Medizin, wirkt nicht mehr existent.
    Vertrauen ist nicht mehr „per se“ gegenüber des Arztberufes vorhanden, wie es vielleicht noch in früheren Generationen der Fall war.
    Ganz früher, gab es vier Autoritäten in einem Dorf: Pfarrer, Arzt und Lehrer und vielleicht noch der Bürgermeister…das erinnert noch sehr an einem archaischen System, das einer Stammeskultur entspricht – diese „Stammeskultur“ ist mittlerweile durchbrochen, aber es resultieren daraus auch Probleme, wenn Autoritäten in Frage gestellt werden.

  2. Da meine Partnerin plant, eine Ausbildung zur Heilpraktikerin zu absolvieren, werde ich mir das Buch mal auf die Merkliste setzen. Das gibt bestimmt anschließend spannende Diskussionen.

    @ Ralf Ich habe ebenfalls so meine Probleme mit Autoritäten. Ich habe grundsätzlich Respekt vor allen Menschen, und große Achtung vor Kompetenz (wie sie ein Arzt hat bzw. haben sollte). Autorität haben auch – auf die Spitze getrieben – Prof. Wallach und Dr Lanka.

    Im Moment freue ich mich, dass die Skeptiker so aktiv sind und in den Medien deutlich wahrnehmbar. Das Bohren der dicken Bretter beginnt sich auszuzahlen. :-)

  3. @Ralf
    „Vertrauen ist nicht mehr “per se” gegenüber des Arztberufes vorhanden, wie es vielleicht noch in früheren Generationen der Fall war.“

    Vielleicht sind es auch einfach die viel zu hoch gesteckten Erwartungen der Patienten. Man verlangt von der modernen Medizin halt das sie möglichst günstig, möglichst alles und dazu noch in möglichst kurzer Zeit und natürlich ohne Nebenwirkungen zu heilen hat.

  4. Das ganze Ausmaß der Katastrophe „Heilpraktiker“ wird auf einmal klar, wenn man sich diese Webseite der Paracelsus-Heilpraktikerschule einmal zu Gemüte führt.

    Mindestens 70% der dort aufgeführten Methoden lassen direkt ein Bullshit-Bingo-Blatt füllen:

    http://www.paracelsus.de/ausbildung/verz_haupt/alle_haupt.asp

  5. Ärzte zahlen Steuern und der Finanzminister jubelt.
    Heilpraktiker zahlen Steuern und der Finanzminister jubelt nochmal.

    Todkranke lassen sich behandeln und bezahlen sehr viel Geld für Scharlatanerie.

    Wenn das Geld von Todkranken nicht an die Scharlatane fließt, wird es zu einem geringen Steuersatz vererbt.

    Mein Nachbar Prof. Karsten Vilmar sagte mir neulich: „Das Heilpraktiker-Gesetz kriegen Sie nicht weg. Alle Politiker rennen da hin! Und die sind alle privat versichert.“

  6. @TeslaDriver
    Mit all diesem „Heil“-Müll ließe sich sicherlich eine Art durchgeknalltes Brettspiel für die ganze Familie konstruieren.

  7. Persönlich habe ich weniger ein Problem mit Heilpraktikern. Denen kann man recht einfach aus dem Weg gehen. Viel schlimmer finde ich, daß dieser unwissenschaftliche Unsinn auch von Ärzten vertrieben wird, und bei denen setze ich entsprechende Sachkunde voraus. Also eine Verbreitung von unwissenschaftlichem Unfug mit Wissen und Wollen, Heilpraktiker glauben den Müll oft selber.

    Meine HNO-Ärztin wollte mir kürzlich Akupunktur andrehen, mein Hausarzt bietet Eigenbluttherapie und Immunstimulation an… zumindest hat der mir noch nie versucht irgendwas aufzuquatschen.

    So richtig böse bin ich ihnen nicht. Gesundheitsleistungen unterliegen auch Angebot und Nachfrage, die bieten auch nur an was Kunden wollen und in Anspruch nehmen. Teilweise wird der Unfug ja sogar von der GKV bezahlt, und die PV zahlt sowieso viel aus Kulanz um die Kunden zu halten.

    Da ich glücklicherweise nicht so oft bei Ärzten bin kann ich nicht sagen ob sowas die Ausnahme oder die Regel ist… aber so richtig begeistert bin ich nicht.

  8. Heilpraktiker verhalten sich zu Ärzten, wie Türsteher zu Polizisten.

  9. Bei uns in der Schweiz hat die Heilpraktiker-Problematik noch eine ganz andere Dimension: in manchen Kantonen dürfen sich Heilpraktiker nämlich wahlweise auch mit dem schönen Titel „Naturarzt“ schmücken (wovon auch viele Gebrauch machen). Dies suggeriert gegenüber den Patienten eine Kompetenz, dienicht einmal annähernd vorhanden ist.

    Um „Naturarzt“ zu werden, muss man nämlich lediglich mindetens 18 Jahre alt sein, irgendeinen Schulabschluss besitzen und darf keinen Eintrag im Strafregister aufweisen. Das war’s!

    Darüber hinaus ist es den „Naturärzten“ gesetzlich verboten, jegliche Art von „Heilmitteln“ abzugeben. Woran sich aber praktisch kein Vertreter dieses „Berufsstandes“ hält.

    (Auszug aus der „Vollzugsverordnung zum Gesundheitsgesetz“ des Kantons Solothurn in der aktuellen, seit 1.1.2014 in Kraft befindlichen Fassung:

    „§ 25 Verbotene Tätigkeiten

    Den Heilpraktikern und Heilpraktikerinnen sind folgende Verrichtungen untersagt:
    a) Chirurgische und geburtshilfliche Handlungen;
    b) Behandlung von meldepflichtigen Krankheiten;
    c) Injektionen und Praktiken, die Körperverletzungen und Blutungen zur Folge haben;
    d) Ausstellen von amtlichen Gutachten, Zeugnissen und Bescheinigungen;
    e) Herstellen, Importieren und Abgabe von Heilmitteln;
    f) Anwendung und Empfehlung rezeptpflichtiger Heilmittel.“

    (Quelle: http://so.clex.ch/frontend/versions/4252?locale=de))

  10. Um Diskussionen vorzubeugen: ja, theoretisch muss der „Naturarzt“ auch so etwas wie eine „Ausbildung“ vorweisen. Und ebenso theoretisch muss der Kanton sich davon überzeugen, dass diese Ausbildung ihn in irgendeiner Weise für die Tätigkeit am Patienten qualifiziert.

    Das Problem ist nur, dass in der Praxis nahezu jeder noch so obskure Kurs als Qualifikation anerkannt wird, weil die zuständigen Entscheidungsträger in den entsprechenden Behörden massiv damit überfordert sind, auch nur annähernd zu erfassen, ob die absolvierten Kurse und Seminare in irgendeiner Weise seriös sind. Da reicht es im Regelfall, wenn die/der KursleiterIn selber ein „Diplom“ einer toll klingenden Dachorganisation führt oder auf ihrer/seiner Homepage schlichtweg behauptet, an irgendeinem „renommierten Institut“ ausgebildet worden zu sein. Dann wird dem auch so gut wie nie auf den Grund gegangen.

    Und unter angehenden „Naturärzten“ kursieren dank Internet sowieso jede Menge Listen von pseudowissenschaftlichen Scheininstituten, wo man die geforderten Nachweise auch gegen eine grosszügige Spende erhalten kann. Also ganz typische Titelmühlen.

  11. Wobei es bei ärztlichen Fortbildungen hierzulande auch nicht viel besser aussieht. Ich habe vor ein paar Jahren mal ein Protestschreiben an die SGAM („Schweizerische Gesellschaft für Allgemeinmedizin“) geschickt, weil diese eine Werbeveranstaltung für die sog. „Craniosakraltherapie“ (CST) mit 4 Fortbildungspunkten in den Stand einer seriösen Weiterbildungsmassnahme erhoben hatte. Als Reaktion erhielt ich eine eMail von der zuständigen Sachbearbeiterin (Nicht-Ärztin!), sie müsse ja die Vergabe von Fortbildungs-Credits für 4 Kantone überwachen, da könne sie sich mit den Inhalten nicht allzu intensiv auseinandersetzen. Und schliesslich sei unter den Referenten auch ein Chefarzt einer renommierten Rehaklinik, sogar ein Herr Professor. (sic!)

    Ich bot ihr daraufhin an, sie künftig in solchen Fragen gerne zu unterstützen. Reaktion: Null! Stattdessen wurden und werden solche „Fortbildungen“ weiterhin und regelmässig mit Fortbildungspunkten geadelt.

    Das ist hierzulande schon fast so schlimm wie bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg, bei der man schon seit Jahren immer wieder 24 Fortbildungspunkte für ein Wochenende auf dem Golfplatz bekommen kann.

  12. @Mike1978

    Sehr gut gemacht!

    @noch´n Flo

    Exakt das ist auch meine Erfahrung. Siehe 2. Spalte: Der Pressereferent… http://www.dr-bertelsen.de/documents/DZW_39-13_05-06.pdf

    Aus diesem Grunde müssen die Fortbildungsveranstaltungen müssen limitiert werden: http://www.dr-bertelsen.de/documents/Die_Notwendigkeit_einer_Grenzdefinition_im_Bereich_der_aerztlichen_Fortbildung.pdf

    Gruß aus Bremen!

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.