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Freund, Kollege, Skeptiker, Science Buster: Das alles war Professor Heinz Oberhummer

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Ein Nachruf von GWUP-Vorstandsmitglied Dr. Florian Aigner:

Heinz Oberhummer, langjähriges GWUP-Mitglied und ehemaliger Präsident der Gesellschaft für Kritisches Denken, ist gestern im Alter von 74 Jahren verstorben.

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Wir verlieren einen immer gut gelaunten, optimistischen und humorvollen Freund und Kollegen, einen Wissenschaftler, der keine Scheu hatte, auch mal über verrückte, unkonventionelle Fragen nachzudenken, und einen Skeptiker im besten Sinn des Wortes, für den die Wissenschaft kein Minderheitenprogramm, sondern ein wesentliches Fundament unserer modernen Gesellschaft war.

„Es ist ein Glück, dass wir überhaupt da sind.“

Darüber sprach Heinz Oberhummer besonders gerne. Hätten bestimmte Naturkonstanten nur einen geringfügig anderen Wert, dann hätte das Universum niemals Leben hervorbringen können.

Heinz Oberhummer genoss es, über solche großen Fragen nachzudenken. Und er konnte mit so viel Enthusiasmus und Humor über Wissenschaft erzählen, dass selbst Leute begeistert zuhörten, die mit Wissenschaft sonst nichts zu schaffen haben.

In seiner wissenschaftlichen Forschung verband Heinz Oberhummer die mikroskopische Welt der kleinsten Teilchen mit dem großen Blick auf das Universum. Er beschäftigte sich mit theoretischer Kernphysik und wandte seine Erkenntnisse auf die Astrophysik an.

Internationales Aufsehen erregte er mit seinen Berechnungen von Kernreaktionen, die im Inneren großer Sterne stattfinden. Heinz Oberhummer konnte zeigen, dass wir die Entstehung von Kohlenstoff- und Sauerstoffatomen, aus denen wir auch selbst bestehen, einem ganz bemerkenswerten glücklichem Umstand verdanken:

Wäre die Feinstrukturkonstante, mit der man die Kraft der elektromagnetischen Wechselwirkung angibt, nur ein bisschen größer oder kleiner, könnte dieser Kernprozess nicht ablaufen, es gäbe kaum Kohlenstoffatome und kohlenstoffbasiertes Leben wäre nicht möglich.

In Skeptikerkreisen wie an der TU Wien galt er nicht nur als liebenswerter Kollege, sondern auch als mitreißender Vortragender. Dass er irgendwann den Schritt aus dem Hörsaal in die breite Öffentlichkeit wagte, war eigentlich nur logisch und konsequent.

2009 veröffentlichte er sein erstes Buch „Kann das alles Zufall sein – Geheimnisvolles Universum“. Über die Grenzen Österreichs hinaus wurde er als Mitglied der Wissenschafts-Kabarettgruppe „Science Busters“ berühmt, der – nach Eigendefinition – „schärfsten Scienceboygroup der Milchstraße“.

Auf witzige, oft reichlich überdrehte, aber immer liebenswürdige Weise brachte er gemeinsam mit Werner Gruber und Martin Puntigam dem Publikum verschiedenste wissenschaftliche Themen näher. Mit den Science Busters brachte er weitere höchst erfolgreiche Bücher heraus und wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet.

Heinz Oberhummer war fest davon überzeugt, dass Wissenschaft kein Minderheitenprogramm sein darf, sondern einen wichtigen Platz in der Gesellschaft einnehmen muss. Entschieden wandte er sich immer gegen Esoterik und Aberglauben.

Oberhummer war jahrelang Präsident der Gesellschaft für Kritisches Denken, er war Mitglied im Wissenschaftsrat der GWUP, außerdem war er Mitglied des österreichischen Freidenkerbunds und Obmann der Initiative „Religion ist Privatsache“.

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Mit einem Kollegen hatte Oberhummer gewettet, dass man noch zu seinen Lebzeiten außerirdisches Leben finden werde. Eine Magnumflasche Champagner hätte er in diesem Fall gewonnen, nichts hätte ihn mehr begeistert, als damit auf eine solche Entdeckung anstoßen zu dürfen. Daraus ist leider nichts mehr geworden.

Die TU Wien verliert einen beliebten Kollegen, Vortragenden und Forscher, die österreichische Wissenschaftskommunikation verliert einen begeisterten und begeisternden Wissenschaftserzähler, der mit Geschichten über seine Alpakazucht genauso fesseln konnte wie mit Spekulationen über Paralleluniversen; einen Menschen, für den die Wissenschaft ein wunderschönes, großes, niemals endendes Abenteuer war.

Heinz Oberhummers Familie hat bereits im engsten Kreis Abschied genommen, sein Körper wird seinem Wunsch entsprechend der Wissenschaft zur Verfügung gestellt.

Zum Weiterlesen:

  • Heinz Oberhummer gestorben, GWUP-Blog am 25. November 2015
  • Esoterik-Kritik als massentaugliches Edutainment: Interview mit den “Science Busters”, Skeptiker 4/2010
  • Heinz Oberhummer/Martin Puntigam/Werner Gruber: Das Universum ist eine Scheißgegend. Carl Hanser Verlag, München 2015

3 Kommentare

  1. Ja, es ist schlimm, wenn solche Menschen gehen, die die Welt mit unvoreingenommenen Augen betrachten und auch staunen können über die „Wunder“ der Natur, aber dieser Enthusiasmus macht aus einem „normalen“ Menschen, einen Wissenschaftler bzw einen Wissenschaft-Interessierten.

    Manche religiöse Menschen sehen in der Feinabstimmung der Naturkonstanten ein Wirken eines Gottes, andere einen Zufall oder „Glücksfall“.

    Wenn man von einer unendlichen Anzahl von Universen in einem Multiversum ausgeht, dann wird auch ein Universum dabei sein, das wie unseres ist, aber auch Universen, die noch andere Möglichkeiten bieten, welche wir nicht fassen können, da diese in einer Art „Transzendenz“ lägen – wobei das fast schon zu religiös ist ;-)

    R.I.P – Es ist immer traurig, wenn das Universum einen Denker verliert, der es geliebt hat.

  2. Danke für den Nachruf! Ich war immer ein großer Fan von Heinz Oberhummer und bin erschrocken über diesen Verlust.
    Grüße
    Der Rolf

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