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Homöopathie, Aufstelllungen: Universitäten lehren Quatsch

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Dass Volkshochschulen sich hierzulande gerne dem Regime einer überbordenden esoterischen Imagination unterwerfen, ist bekannt.

Anscheinend sind aber auch die Universitäten nicht mehr allzu weit entfernt davon.

Im Laborjournal (4/2015) wundert sich Prof. Axel Brennicke von der Uni Ulm über einen bizarren Kurs im Rahmen des „studium generale“.

Eine „mediale Heilerin“ und „geistige Chirurgin“ namens Barbara Pfisterer desavouierte die Alma Mater mit einer Ganztagsveranstaltung zum Thema

Familien- und Systemaufstellungen mit Heilarbeit.“

Brennicke schreibt dazu:

Kommen Sie an die Uni, bei uns sind Sie richtig! Egal wie abgefahren – wir haben es, wir geben es Ihnen. Und was wir im normalen Studium nicht haben, holen Sie sich eben im generalen Studium. Da gibt es alles für jeden, egal was Sie glauben. Wir lehren Sie alles. Egal, was es ist.

Ob Wissen, Wissenschaft, Glauben, Humbug, Einbildung, Fantasie – gemeinsam schaffen wir das schon.“

Über die „unakademisch aus- und eingebildete“ Dozentin Pfisterer hat der Lehrstuhlinhaber für Molekulare Botanik recht Seltsames im Netz gefunden:

Hin- und fortgebildet durch „Hospitation und Assistenz systemisches Familienstellen bei  verschiedenen Therapeuten, Ausbildung Hawaiian Bodywork, Bio-energetische Massagetherapeutin, Lichtkörperprozess Chakren 1-36 mit Lichtnahrungsprozess, Meditation, Prana-Heilung, Symbole-und Mantren-Seminarleiterin, Basenfasten- Kursleiterin, Matrixtransformation®. inspiration und intensive Schulung durch verschiedene spirituelle Meister, insbesondere natara, Oronos, Jesus.“

Dagegen ist ein naturwissenschaftliches Studium Pipifax, macht echt nichts her. Nur gut, dass die Universität endlich wirklich qualifizierte Leute holt […] Irgendwie komme ich mir mit meinen Genen, den Regelkreisläufen zur Induktion von Blütenbildung und der Endosymbiontentheorie ziemlich altmodisch vor […]

Ganz sicher steht jetzt auch in der Medizin eine große Entlassungwelle von Ärzten an, Studenten sollten sich genau überlegen, ob sie noch Zukunftschancen haben: „Auch sitzen Krankheiten immer zuerst auf dem Emotionalkörper und auf dem Mentalkörper, bevor sie sich im Körper festsetzen. Somit kann vieles vermieden werden und muss sich gar nicht erst auf den Körper projizieren.“
Am Ende zieht Brennicke das Fazit:

Zu unserem und der anderen Glück kann in unserem Land ein jeder glauben, was er will und was ihn selig macht. Und jeder kann sein Geld ausgeben, wofür er möchte – seien es Kügelchen, ehrlich beschriftete Placebos, Blaupausen oder emotionale Körper, ein Haustier oder eine Kuscheldecke.

Von einer Universität hatte ich bisher eine etwas andere Vorstellung, was Inhalte, Forschung, Lehre und Zweck angeht.

Offensichtlich war mein Bild ziemlich schräg daneben – die Universität hat es mir eindeutig gezeigt und sich im Studium Generale modern und fortschrittlich positioniert.“

Was noch zu ergänzen wäre: Solch akademischer Blindflug betrifft keineswegs nur das Studium Generale.

An der „Elite-Universität“ LMU München beginnt morgen die Ringvorlesung

Homöopathie von der Theorie zur Praxis – mit Praxisbeispielen und Patientenvorstellungen“,

kurioserweise im Anschluss an die Vorlesung „Geschichte und Theorie der Homöopathie – Hintergründe und Prinzipien“.

Nun sollte man meinen, dass Studenten, welche um die „Hintergründe und Prinzipien“ der Homöopathie wissen, lachend abwinken, wenn sie zu einer „Praxis“-Veranstaltung der Schüttler eingeladen werden.

Über die Organisatorin „Dr. med. Sigrid Kruse, Dr. von Haunersches Kinderspital des Klinikums der Universität München“ kann man zudem bei Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie einiges nachlesen.

Jedenfalls sind offenbar nur noch die Studierenden selbst und ihre Dozenten in der Lage, sich gegen das Vordringen von pseudowissenschaftlichem Unsinn an ihren Universitäten und Hochschulen zu wehren:

Akademiker aller Bundesländer, vereinigt euch und protestiert gegen die Entwertung von Studienabschlüssen und akademischen Graden!“

Zum Weiterlesen:

9 Kommentare

  1. Homöopathie ist verpflichtender Bestandteil der Ausbildung bei den Pharmazeuten. Vielleicht sollte man einfach mal da ansetzen und diese Lehrinhalte aus dem Studium und den Universitäten bekommen. Zeit wäre es.

  2. @ Michael

    An die Vorlesung von Professor Mutschler kann ich mich noch gut erinnern

    „Heute zur Homöopathie, Homöopathie wirkt nicht und ist physikalisch unmöglich. Noch Fragen? Nein? Dann zum nächsten Kapitel.“

    Einer meiner persönlichen Höhepunkte meines Pharmaziestudiums

  3. War autoritäre Ignoranz noch ein angemessener Umgang zu Zeiten dieses Prof. Mutschlers, sollte man das heute vielleicht wirklich zum Teil der Ausbildung von Pharmazeuten machen. Es hat sich ja offensichtlich herausgestellt, dass Ignoranz nicht hilft, vielleicht ja frühe Aufklärung derjenigen, die heute nicht selten ‚finanziell interessierte Multiplikatoren‘ sind.

  4. @ApoMi: Das gefällt mir, mußte herzhaft lachen! Ein Hoch auf Professor Mutschler!

  5. @ Abe

    Du bist dir schon sicher, dass du hier auf der richtigen Seite unterwegs bist?

    Mutschler ist nicht autoritär, schon gar nicht ignorant, im Gegenteil ein äußerst aufgeschlossener Mensch.

    Aber Humbug ist und bleibt nun mal Humbug und hat in einer wissenschaftlichen Ausbildung nichts verloren.

  6. @ApoMi: Claudia Graneis berichtet da in ihrem Blog anderes über ihre Pharmazieausbildung.

  7. @ Michael

    Ohen Frage, ich wollte keine Lanze für das derzeitige Pharmaziestudium brechen, ich fand es furchtbar.

    Die genannte Ausnahme war eben Professor Mutschler, immerhin einer der „Gurus“ auf dem Gebiet der Pharmakologie, der uns zeigte: Es geht auch anders.

  8. @ApoMi
    Natürlich hat Professor Mutschler recht in Ihrem Beispiel, aber ich kann auch die Position von Abe hier verstehen (vielleicht das erste Mal ;-))…wenn man das so „einfach aburteilt“, dann erreicht man ein Lachen bei den „Aufgeklärten“, aber die, die der Homöopathie zugeneigt sind, diese werden eher eine „Aggression“ spüren, die sich gegen diese „Heilmethode/Arznei“ wendet: Dieser zwar richtige Satz, sollte aber nicht der einzige sein, den man zur Homöopathie aufbringt.
    Hier, in dem Skeptiker-Blog, kommt diese Aussage natürlich sehr gut an…ich persönlich finde sie auch gut, aber erreicht man damit sein Ziel, das ist die Frage…

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