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Holocaust-Leugner

| 11 Kommentare

Zum 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz ein kurzer Hinweis auf die GWUP-Info „Leugnen des Holocaust“ und unser Blog-Posting „No Nazi was ever a Holocaust Denier“.

Zum Weiterlesen:

11 Kommentare

  1. Danke für diesen Hinweis.

    Ich verstehe nur nicht, warum man in Literaturlisten dazu immer die notorisch harmlosen Benz, Longerich & Co. nehmen muss, wenn Hilberg, Friedländer und Goldhagen viel umfassendere Forschung betrieben haben (oder essayistischer: Arendt mit „Eichmann in Jerusalem“).

    Insbesondere wenn es um Holocaustleugnung geht, ist die Leugnung von den wenigen, die tatsächlich „Nazi“ noch als Selbstbezeichnung nutzen, ja völlig unsagbar geworden – vermutlich weil die interessierte Schützenhilfe der Altnazis mittlerweile durch deren Sterben weggefallen ist.

    Insbesondere Goldhagen ist da wichtig, weil zur Leugnung des Holocaust der gesellschaftlich opportune Revisionismus gehört, der besagt, dass alle bis auf die ‚Verschwörer‘ der Wannsee-Konferenz so gar nichts damit zu tun hatten.

    Noch in den 90er Jahren musste man als Historiker in Deutschland mit Polizeischutz zu Veranstaltungen begleitet werden, wenn man es wagte, ordinäre Deutsche oder die Wehrmacht in den Holocaust zu implizieren: https://www.youtube.com/watch?v=79vsRoAO6QE&list=PLADDC6A582C0A1E1C

    Holocaustleugnung auf Höhe der Zeit leugnet nicht die Tat selbst, sondern deren gesamtgesellschaftliche Akzeptanz.

  2. @ Abe
    „Holocaustleugnung auf Höhe der Zeit leugnet nicht die Tat selbst, sondern deren gesamtgesellschaftliche Akzeptanz.“

    Das sehe ich aber anders – völlig anders!

  3. Ich weiß nicht, ob der Tiedemann als Quelle wirklich brauchbar ist. Mehrere kritische Besprechungen auf der angegebenen Seite vermitteln den Eindruck, als könnte sein Buch seinem Anliegen einen Bärendienst erweisen.

    Ich hätte da eher Vertrauen zu den Publikationen von Bundeszentrale und Landeszentralen für politische Bildung, z. B. dem hier:

    http://www.hlz.tu-darmstadt.de/fileadmin/pdf/polis/polis19web.pdf

    Erster Eindruck: Knapp und gut. Außerdem ist es gratis.

  4. @Pierre Castell: Das dürfen Sie auch anders sehen, aber wenn Sie das schon so verlautbaren, wäre eine Begründung auch angebracht.

    Ansonsten bliebe mir nur zu schreiben: Dann sehen Sie das falsch.

    Vielleicht habe ich mich auch nur ungenau ausgedrückt: Deutsche Holocaustleugnung auf Höhe der Zeit leugnet nicht den Holocaust selbst, sondern dass er damals gesamtgesellschaftlich akzeptiert war.

    @Thomas Jakob: Danke für den Hinweis zu der kleinen Schrift.

    Vielleicht ein wenig zu knapp. Ich wollte gerade schreiben, dass diese Art von Leugnung sich ja auch schon längst überholt hätte, aber dann fiel mir die Konferenz im Iran 2006 ein.

    Hier geht es heutzutage aber gar nicht mehr so sehr um die richtigen Argumente, sondern m.E. vielmehr darum, die ideologische Transformation dieser Leugnung auf den Punkt zu bringen. Interessant und erstaunlich ist nicht, dass die Leugner es heute noch immer nicht wissen, sondern warum sie es nicht wissen wollen.

    Robert Faurisson war auch auf der Konferenz; ihm wurde zu seinem zentralen Werk „Mémoire en dèfense“ noch ein Vorwort von Noam Chomsky verfasst. Was treibt einen linken Linguisten dazu, sowas zu machen?

    Israelhass, als sekundärer Antisemitismus, ist hier also der zentrale Kitt für linken und rechten Antisemitismus.

  5. @ Abe
    „…dass er damals gesamtgesellschaftlich akzeptiert war!“

    Ich verstehe Sie schon, aber bin der Meinung, dass mir das zu allgemein ausgedrückt ist.

    Weiß man denn konkret, ob die Menschen das damals bis ins Innerste wirklich akzeptiert haben oder sie nur „in der Öffentlichkeit“ stillschweigend hingenommen haben?

  6. @ Abe

    Meine Grundeinstellung ist eigentlich, dass man die Holocaust-Leugner eigentlich ignorieren sollte, weil man sie mit jeder Diskussion schon aufwertet. Leider ist es damit nicht getan und deswegen muss man wohl minimal darauf eingehen.

    Warum man Holocaust-Leugnung bzw. Antisemitismus, um den es eigentlich geht, links wie rechts findet, erscheint mir nicht so schwierig.

    Rechts ist es sowieso klar (Revisionismus und Nationalismus in Deutschland). Links ist Kapitalist = Jude = Böse auch solide gekoppelt, wenn auch nicht bei allen.

    Hinzu kommt die alte politische Konstellation Israel und Westblock gegen Arabische Welt und Ostblock, die das Ganze noch zementiert.

  7. „Weiß man denn konkret, ob die Menschen das damals bis ins Innerste wirklich akzeptiert haben oder sie nur ‚in der Öffentlichkeit‘ stillschweigend hingenommen haben?“

    Ja. Selbst wenn man das nicht wüsste, also in zig Untersuchungen mal in die Dachmansarde des ordinären Deutschen geguckt hätte, konnte man das sehr gut an ihren Handlungen ablesen.

    Dazu sollte man dann auch mal eines der o.g. Bücher zur Hand genommen haben – z.B. Goldhagen. Ich sehe schon, das läuft auf „innere Immigration“ hinaus.

    @Thomas: Ja, ich stimme da grundsätzlich überein, nur funktioniert das Ignorieren nur, wenn es auch eine marginale Position ist.

    Ich wollte darauf hinaus, dass moderne Holocaustleugnung ganz anders funktioniert und nicht so marginal ist, wie es erscheint.

    Z.B. wenn ein großer deutscher Dichter (der ja auch selbsterklärt mehr oder minder ‚links‘ ist) in einer großen deutschen Tageszeitung schreiben darf, dass 6 Millionen Deutsche vertrieben wurden – diese Relativierung, die über diese wie zufällig gewählte Zahl eine Gleichsetzung von ermordeten Juden und ‚Vertriebenen‘ funktioniert, leugnet nicht so sehr die historische Faktizität, sondern deren Grausamkeit.

    Hier wird an der Zivilisationsbruchthese genagt oder durch Eingemeindung in eine menschliche Geschichte aus Blut und Gewalt relativiert.

    Aber ich sehe schon, das verwischt auch Leugnung und Relativierung…

  8. Eine kleine Korrektur: Grass hat das nicht in der Süddeutschen behauptet, sondern in einem Interview, das er der Haaretz gegeben hat. Dort meinte er auch nicht die Vertriebenen, sondern die in Gefangenschaft getöteten, deutschen Soldaten (dass die Zahl keiner seriösen Forschung standhält, versteht sich von selbst): http://www.haaretz.com/weekend/magazine/the-german-who-needed-a-fig-leaf-1.380883

    @Pierre Castell: Ein bisschen stört mit dieses „bis ins Innerste“. Das legt die Meßlatte unerreichbar hoch. Wer ‚arisierte‘ Wohnungen und Besitz übernimmt, Juden in fast jedem deutschen großen Betrieb ausbeutet, neben KZs wohnt und sich dort mal den ein oder anderen Sklaven leihen darf, jahrzentelang Erniedrigungen, Verschleppungen, Ermordungen usw. seiner Nachbarn, Freunde, Verwandten usw. hinnimmt, obwohl nachweisbar gefahrlos hätte interveniert werden können, dessen Inneres muss nicht mehr untersucht werden. Das ist dann auch nicht mehr mit dem totalitären Apparat und dem Straßenterror der Nazis zu erklären. (btw. war „innere Emigration“ gemeint).

    Dazu passend: Noch ein paar Tage kann man sich „Night Will Fall“ in der ARD-Mediathek ansehen: http://www.ardmediathek.de/tv/Reportage-Dokumentation/Night-will-fall-Hitchcocks-Lehrfilm-f%C3%BC/Das-Erste/Video?documentId=26107162&bcastId=799280
    Das ist deswegen passend, weil die Aufnahmen, die von den Alliierten gemacht wurden, auch in Nürnberg als Beweismaterial gezeigt wurden. Der Gedanke dahinter: Wenn man Videoaufnahmen vorweisen kann, kann es ja niemand mehr leugnen. Retrospektiv betrachtet, war das natürlich ein wenig naiv.

  9. @ Abe
    Vielleicht ist es auch so, dass ich das alles einfach nicht wahrhaben will und es mir ungemein schwer fällt, zu glauben, dass die Mehrheit der Menschen dies alles so hingenommen hat, sogar noch ihre Vorteile daraus gezogen hat und so viel Schreckliches und Unmenschliches “akzeptiert” und demnach sogar noch förderte.

  10. Beim Alibriverlag gibt es ein Probeartikel von Michael Shermer:

    http://www.alibri-buecher.de/docs/probe635.pdf

    Probekapitel Skeptisches Jahrbuch I
    Michael Shermer
    Das Gewicht der Fakten
    Die Widerlegung des Holocaust-Revisionismus

    Ansonsten. Tiedemanns Buch „60 rechtsradikale Lügen und wie man sie widerlegt“ fand ich sehr gut. Er hatte auf einer GWUP-Konferenz mal einen Vortrag gehalten und der war sehr gut.

    Vor allem plädierte er dafür, dass Eltern und Lehrer die Antworten auf die Fragen der Kids geben können, die mit den Nazi-Desinformationen im Internet nach Hause oder in die Schule kommen und sonst alleine gelassen werden.

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