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NeuBraunland ist abgebrannt – trotz einer nur milden Geldstrafe für den „König“ Peter Fitzek

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Peter Fitzek, der selbst ernannte „König von Deutschland“, ist vom Amtsgericht Dessau-Roßlau zu einer Geldstrafe von 4200 Euro verurteilt worden.

Fitzek, dessen esoterischen und konspirologischen Phantastereien den „Reichsbürgern“ nahekommen, hatte 2012 in Wittenberg einen Phantasiestaat „Königreich Deutschland“ ausgerufen und für seine einige hundert Anhänger auch eine Krankenversicherung gegründet, mit der er rund 360 000 Euro einnahm.

Wegen Verstoßes gegen das Versicherungsgesetz musste er sich seit November vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft hatte ein Jahr und vier Monate Haft auf Bewährung sowie eine Geldstrafe gefordert.

Das Urteil (120 Tagessätze zu je 35 Euro) fiel gestern, zur Begründung sagte der Richter, Fitzek habe sich nicht bereichern wollen, die Gelder seien nicht zweckentfremdet worden.

Der „gelernte Koch, ehemalige Videothekar, ausgebildete Karatelehrer und gescheiterte Hosenverkäufer“ (Süddeutsche) ist mehrfach vorbestraft und wird vom Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt beobachtet.

Auch die Neue Zürcher Zeitung hatte im vergangenen Jahr über Fitzeks „beunruhigende Parallelgesellschaft“ berichtet.

Die Reichsdeppenrundschau kommmentiert das aktuelle Urteil:

Die nun einkassierte Strafe dürfte Peter Fitzek ohne Schwierigkeiten begleichen können, allein bedingt durch die Spendenbereitschaft seiner Anhänger.

Sein Projekt insgesamt ist jedoch gescheitert, zumal von staatlicher Seite aus ein Anwalt bestellt wurde, der die illegalen Versicherungs- und Bankgeschäfte abwickeln wird […]

Auch das milde Urteil  kann nichts daran ändern, dass Fitzek mit seiner bisherigen Masche am Ende ist. Nicht nur, dass ihm weitere Verfahren ins Haus stehen, der staatliche bestellte Abwickler hat überdies die Kontrolle über jene Grundstücke übernommen, auf denen sich sein „Königreich“ befindet.

Fitzek soll jetzt Miete zahlen, ihm und seinem Gefolge droht sogar die Kündigung.“

Ein detailliertes Protokoll der fünf Prozesstage kann man im Blog Sonnenstaatland nachlesen.

Update:

Eine Einführung zu Fitzek und seinem „Neuen Königreich Deutschland“ hat Julia Vogel beim Humanistischen Pressedienst veröffentlicht.

Zum Weiterlesen:

  • Mini-Strafe für Peter Fitzek, Reichsdeppenrundschau am 8. Januar 2015
  • Prozessbericht: Peter Fitzek vor dem AG Dessau (Tag 5), Sonnenstaatland am 9. Januar 2015
  • Selbst ernannter König kommt mit Geldstrafe davon, mdr-info am 8. Januar 2015
  • „König von Deutschland“ drohen fünf Jahre Haft, Süddeutsche am 13. November 2014
  • Beunruhigende Parallelgesellschaft: „Königreich Deutschland“, Neue Zürcher Zeitung am 28. Oktober 2014
  • Peter Fitzek, Neudeutschland, Psiram am 14. September 2012
  • Neue Info-Broschüre über „Reichsbürger“ und Verschwörungsphantasten, GWUP-Blog am 13. Dezember 2014
  • Das „Neue Königreich Deutschland“, hpd am 26. Januar 2015

15 Kommentare

  1. Kleine Korrektur: Insgesamt sind die Einnahmen wahrscheinlich wesentlich höher.

    Der Betrag von ca. 360.000 Euro ist nur in dem jetzt angeklagten Zeitraum von 2009 – 2011 eingenommen worden.

    Die nachfolgenden Zeiträume müssen erst noch angeklagt werden.

  2. Zitat:
    „Sein Projekt insgesamt ist jedoch gescheitert,…“

    Übrigens nicht das erste Mal, dass jemand der Ideologie „Der Staat ist eine freiwillige Übereinkunft seiner Bürger“ bzw. ihrer Variante „Der Staat bedarf der Legitimierung durch seine Bürger“ zum Opfer gefallen ist.

    Der „Waldmensch Öff!Öff!“ musste auch erst durch eine Richterin erfahren, dass dem Staat egal ist, was sich seine Bürger so über ihn so zusammenspinnen, _solange wie_ sie sich an die Gesetze halten, die _er macht_.

    Im Falle der Reichsbürger mag man das erfreulich finden, aber es bleibt der deutliche Hinweis, dass der Staat eine Herrschaft ist und die Bürger sein Eigentum, das er mit der dafür notwendigen Gewalt verteidigt.

    next

  3. Fast richtig, next! Der Staat sind wir alle. Denn alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.

    Nur mit dem „Eigentum“ liegst du falsch.

  4. Peter Fitzek war kürzlich als „Überraschungsgast“ auf einem Freiheitskongress und hatte da einen total wirren Vortrag gehalten.

    http://wegeindiefreiheitkongress.de/

    Das muss selbst diesen Leuten ziemlich peinlich gewesen sein, denn sein Auftritt wird im nachhinein totgeschwiegen, so als hätte es diesen „Überraschungsgast“ nie gegeben.

  5. „Der “gelernte Koch, ehemalige Videothekar, ausgebildete Karatelehrer und gescheiterte Hosenverkäufer”

    Der dumme Proletarier darf sich natürlich nicht zum Adelgeschlecht erheben – feudale Herrschaft geht nur in Ordnung, wenn auch die patrilineare Erbfolge eingehalten und die Herrschenden ihren Anspruch mit Gottes Gnaden zu begründen suchen, hat im Absolutismus ja schließlich lange funktioniert.

    Dass die Süddeutsche solchen Unsinn schreibt, geschenkt, das ist man gewohnt; dass sowas bei Skeptikern hervorgehoben wird, als sei das ein Argument für oder gegen irgendwas, ist da schon etwas … enttäuschender.

  6. @Abe:

    << Dass die Süddeutsche solchen Unsinn schreibt, geschenkt, das ist man gewohnt; dass sowas bei Skeptikern hervorgehoben wird, als sei das ein Argument für oder gegen irgendwas, ist da schon etwas ... enttäuschender. << Bisschen weit hergeholt. Dass die vormalige berufliche Laufbahn von in Rede stehenden Personen referiert wird, gehört einfach dazu und mache ich, wenn ich es weiß, auch bei jedem Heilpraktiker, Ufo-Kontaktler, Wahrsager oder anderen. Was hat das mit "Adelsgeschlecht" oder "dummen Proletariern" zu tun? Welche Berufsgruppe wäre denn Ihrer Meinung nach dazu "berechtigt", sich selbst zum rechtslastigen "König von Deutschland" auszurufen? Meiner Auffassung nach ein Atomphysiker oder ein Universitätspräsident ebensowenig wie ein "gescheiterter Hosenverkäufer". Was hat das denn mit dem Thema zu tun? << feudale Herrschaft geht nur in Ordnung, wenn ... << Äh, wie bitte!? Es geht hier um einen Phantasie-König, nicht um die Queen oder Carolinchen von Monaco.

  7. Ja, eben, das ist doch mein Argument. In der Hervorhebung des proletarischen Hintergrunds dieses „Phantasiekönigs“ steckt die Idee, es gebe eben einen, der mehr Recht hat, König zu sein – und die Grundlage dieses Rechts ist eben Gott (so die ideologische Begründung der absolutistischen Idee) bzw. der Erbfolge.

    Ist das besser als ein Hosenverkäufer?

    Die berufliche Laufbahn wird ja nicht referiert, sondern in einem eigens dafür erstellten Absatz zitiert, ohne dass das in irgend was anderes eingebettet ist – also besonders hervorgehoben.

    Das ergäbe Sinn, wenn es um irgend eine Fachdisziplin geht (also ein Bäcker gibt sich als Sachautorität in der Quantenphysik aus, wie es so oft in der Esoterik geschieht, deswegen passen die Vergleiche zu dem Heilpraktiker, Ufo-Kontaktler, Wahrsager auch nicht, weil es hier um Sachautorität geht), aber eben nicht, wenn es um eine Herrschaftsform geht, die per se falsch ist.

    Ob der Herrscher nun aus einer Erbfolge dazu geboren wurde (die Queen z.B.), oder ob er sich als „Phantasie-König“ dazu selbst ernennt.

  8. Morgen Abend, Mittwoch, (29. April 2015) auf MDR, 20.45 Uhr, (Wiederholung um 1.25 Uhr):

    “Der König von Wittenberg”
    Über das selbst ernannte Oberhaupt eines erfundenen Staates

    http://www.mdr.de/tv/programm/sendung523826.html

  9. Zu trixi’s Link:
    Man hätte ihn vielmehr an der Einreise hindern sollen :-)

  10. „Peter Fitzek einen Spinner zu nennen wäre eine Beschönigung.

    Er glaubt an kosmische Gesetze und daran, dass er Krebs heilen kann. Außerdem vergleicht er sich gern mit Luther, dem (aus seiner Sicht wohl bis dato) berühmtesten Bürger seiner Heimat Wittenberg.

    Vergangenen Sommer nagelte Fitzek eine Papierrolle an die Schlosskirche, seine eigene Reformation, in 77 Thesen.“

    http://www.welt.de/vermischtes/article152614200/Die-Spinnereien-des-Koenigs-von-Deutschland.html

  11. Ich sage nur These 23,die es an Deutlichkeit und Klarheit nicht fehlen lässt-darauf ein von Uriella ge-dingstes Wasser,damit die Globuli gegen Demenz und…(ich habe es Vergessen) besser runtergehn ;-)

  12. @Skeptiker1

    Sehr schön.

  13. „…wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Erlaubnis in zehn Fällen und unbefugten Betreiben eines Versicherungsgeschäfts verhängt.“ (mdr.de)

    Die Strafe ist in meinen Augen viel zu milde!

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