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Faktencheck Ebola und die Verschwörung der „Systempresse“

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Die Schweizer Skeptiker haben einen lesenswerten Faktencheck zu dem widerlichen Ebola-Verschwörungsvideo der Impfkritiker verfasst, auf das wir hier kurz hingewiesen hatten.

Ein Pseudo-Argument der Impfgegner bezieht sich auf eine falsche Bildunterschrift in einer großen Zeitung.

Völlig zu Recht weist Marko Kovic darauf hin, dass …

… kein direkter logischer Zusammenhang zwischen einer einzigen journalistischen Fehlleistung und der angeblichen Großverschwörung“

bestehe.

Dabei ging es auch in unserem Blog-Post „Medienkritik, Paranoia und Alternativ-Journalismus”.

Mittlerweile haben weitere Autoren sich dieses Themas angenommen, darunter der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen für die Zeit und der Investigativjournalist Hans Leyendecker für die Süddeutsche Zeitung.

Leyendecker benennt „nachweisbare Fehler“ in der Berichterstattung, etwa zum Krieg in der Ukraine, und schreibt von „viel berechtigter Kritik am Erscheinungsbild von Medien“, von „Defiziten, Missverständnissen“.

Was aber tragen populistische Verschwörungstheoretiker vom Schlage eines Udo Ulfkotte zur aktuellen Debatte um die angebliche „Systempresse“ bei?

Nichts.

Nicht wenige der permanent Übelgelaunten tun so, als könnten sie allein jederzeit zwischen Blendwerk und Realität unterscheiden“,

arbeitet Leyendecker die nervige konspirologische Hybris heraus:

Nur sie sind scheinbar immun gegen die Idiotie, die sie nicht ohne Kummer bei den anderen diagnostizieren […]

Mit ein paar Klicks im Internet kann sich heute jeder seine eigene Plattform, seine eigenen Kanäle suchen. Das ist gut, das kann eine ganz neue Sicht auf die Dinge bringen.

Aber es gibt Klicker, die glauben, sie verstünden von dem Geschehen da draußen dank der Klicks weit mehr als etwa der Auslandskorrespondent, der sich vor Ort tummelt und sich müht, Zusammenhänge zu begreifen und zu erläutern.

Die Apokalypse, die alltägliche Verschwörung breiten sich in Teilen der neuen Medienwelt ölfleckartig aus.

Es lag immer schon in der Natur von Verschwörungstheorien, dass sie nie zu widerlegen waren. Keine Beweise? Na bitte, das beweist doch nur, dass die Verschwörer verschlagen sind, weil sie ja sonst Spuren hinterlassen würden […]

Verschwörungstheoretiker fangen immer mit der eigenen Schlussfolgerung an und ordnen dann dazu passend die Welt.“

Und noch einen interessanten Gedanken bringt der Leitende Redakteur der Süddeutschen in die Diskussion ein:

Es gibt Defizite bei den Medien und es gibt Defizite bei den Lesern. Es ist nicht leicht, Leute zu finden, die etwas Neues zu sagen haben, und es gibt nicht so viele Leute, die etwas Neues erfahren wollen.

Akzeptieren Zuschauer, Leser, Hörer eigentlich den Zweifel oder wollen sie sich nur in ihrem Verdacht bestätigt sehen?“

Das gilt sicherlich für beide Seiten

Zum Weiterlesen:

  • Ist Ebola eine „False Flag“-Operation? Ein Faktencheck, skeptiker.ch
  • Der Horror-Zug nach Ebola, GWUP-Blog am 2. November 2014
  • Afrikaner sterben an Ebola, Schweizer Impfkritiker spotten, NZZ am 29. Oktober 2014
  • Medienkritik, Paranoia und “Alternativ-Journalismus“, GWUP-Blog am 2. November 2014
  • Haben wir eine „Systempresse“? Indub.io am 3. November 2014
  • Käufliche Journalisten? GeoGraffitico am 25. Oktober 2014
  • Die Wahrheit über die Lügen der Journalisten, Krautreporter am 24. Oktober 2014
  • Ihr lügt doch alle! Medien in der Glaubwürdigkeitsfalle, Medium Magazin 11/2014
  • Medien: Volle Ladung Hass, Zeit-Online am 8. November 2014
  • Der böse Blick, Süddeutsche Zeitung Nr. 259 vom 11. November 2014

2 Kommentare

  1. Zur „Systempresse“:

    Wie Jürgen Schönstein in seinem Journalisten-Insider-Bericht schreibt, kann die Art bzw. die Unabhängigkeit/“Objektivität“ der Berichterstattung (auch) von der Redlichkeit des Journalisten abhängen.
    Es wird wohl kein Journalist kritisch berichten über ein Unternehmen, dessen „kleine Aufmerksamkeit“ er gerade entgegengenommen hat – oder er wird (zu Produkt-Präsentationen o. ä.) dann nicht mehr eingeladen werden.

    http://scienceblogs.de/geograffitico/2014/10/25/kaeufliche-journalisten/

    Letzter Artikel-Abschnitt:

    “ … Aber leider gibt es zu viele Kolleginnen und Kollegen, die sich an solche “kleinen Aufmerksamkeiten” gewöhnt haben: Presserabatt beim Autokauf? Aber gerne! “Testgeräte” der neuesten Elektronik? Sicher doch. Und auch ansonsten sind die Angebote doch immer so freundlich: “Sagen Sie uns, wenn wir Ihnen helfen können”, oder “Da können wir bestimmt was für Sie machen!” klingt doch erst mal ganz harmlos. Wenn die so nett ihre Hilfe anbieten, kann man das doch nicht abschlagen, oder? Doch, man kann. Aber es wäre – und das soll mein Schlussgedanke hier sein – viel besser, wenn man es gar nicht abschlagen müsste, weil es nicht angeboten wird. Ich verrate hier mal ein Geheimnis, das eigentlich gar keines sein sollte: Auch gute Journalisten sind immer zu haben – ihr Preis sind gute Informationen.“

    Redlichkeit kann man bei niemandem voraussetzen; deshalb sollten solche „Gepflogenheiten“/Angebote rechtlich nicht zulässig sein.
    Sozusagen als vorbeugende Maßnahme …

  2. @ trixi
    Manchmal könnte man glauben, die zivilisierte Menschheit fällt zurück. Langsam aber sicher…

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