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Psiram über „Voodoopuppen häkeln“ an der LMU München

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Psiram dreht unseren Bericht über den geplanten „Weltkongress der Ganzheitsmedizin“ an der Medizinischen Fakultät der LMU München weiter und hat sich die Referenten des Pseudo-Ethno-Spektakels mal näher angesehen:

Unter all den Politikwissenschaftlerinnen, Kunst- und Tanzpädagoginnen, Heilpraktikerinen, Reiki-Lehrern, Ethnologiestudentinnen, Schülerinnen, Klangschamanen, Homöopathen, Energiearbeitern, Visionshüterinnen etc. findet sich exakt eine Person (Fachärztin für Allgemeinmedizin und Geriatrie), der man zumindest theoretisch fachliche Kompetenz bezüglich moderner Medizin unterstellen könnte. So weit, so schlecht […]

Ein wichtiger Grund, warum wir uns des Themas auch nochmal angenommen haben, ist, dass neben harmlosem Tamburinklopfen, Voodoopuppen häkeln und mondbeschienener Suche nach Füllmaterial für den leeren Kopf auch richtig gefährliche Sachen dabei sind.“

Daneben weist das esoterikkritische Portal auf den eklatanten „Mangel an tatsächlichem ethnologischem Wissen“ seitens der Veranstalter hin:

Es genügt ja nicht, ethnische Minderheiten auszugrenzen und sie materiell auszubeuten. Nein, auch deren Bräuche und Spiritualität lassen sich gewinnbringend vermarkten.“

An die Adresse der LMU gerichtet schreibt Psiram:

Die quallige Rechtfertigungsrede [des Veranstalters Infomed e.V] zeigt im Übrigen, dass man von Hogwarts an der Oder alias IntraG an der Viadrina noch etwas gelernt hat – nämlich wie man Veranstaltungen über abwegigen Hokuspokus in öffentliche Universitäten einschmuggelt.

Man tarne sie ganz einfach als Kulturvergleichung, und plötzlich öffnen sich die Pforten der  Fakultäten fürs Trommeln, Streuen und Weihen.

Die Universitäten sollten sehr wachsam sein, wenn sie sich nicht ständig solche fünften Kolonnen des Obskurantismus ins Haus holen wollen.“

Zum Weiterlesen:

  • Heiler und Medizinmänner: Wird die LMU München zur Schamanen-Schwitzhütte? GWUP-Blog am 12. Juli 2014
  • LMU: Eine Universität wird geräuchert, Psiram am 15. Juli 2014

5 Kommentare

  1. „Daneben weist das esoterikkritische Portal auf den eklatanten “Mangel an tatsächlichem ethnologischem Wissen” seitens der Veranstalter hin:…“

    Genau das ist m.E. der Mangel an diesem Artikel.

    Als wäre die akademische Ethnologie ein Hort der seriösen Aufklärung – im Gegenteil, die (deutsche) Ethnologie ist ein Sammelbecken für krudeste, kulturalistische Verklärungen der Welt. Bis in die 80er Jahre hinein wurde in der deutschen Ethnologie noch „Zigeunerforschung“ als Rassenforschung betrieben.

    Das Problem an diesem LMU-Kongress ist vielmehr, dass es eigentlich ethnologische Forschung ist, obschon es vorgibt, medizinische zu sein.

    Aus einem gesunden Selbsthass zu meiner Profession ist mir auch aufgefallen, dass sich unter den Referenten ziemlich viele Diplom-Psychologen tummeln. Noch so ein Hort der Gegenaufklärung.

  2. Was hat dieser „Weltkongress der Ganzheitsmedizin“ mit Forschung irgendeiner Art zu tun? Mit DIESEN „Referenten“?
    Auf welchen wissenschaftlichen Grundlagen soll dort über was geforscht werden?
    Was wird bei „Singen und Jodeln“ erforscht?

    M. E. ist es ein publikumswirksames Ethno-/Eso-/Psycho-Spektakel, das den Besuchern/Teilnehmern einen Haufen Geld kostet:

    https://www.facebook.com/notes/infomed/fr%C3%BChbucher-anmeldung-bis-31m%C3%A4rz-2014-f%C3%BCr-weltkongress-der-ganzheitsmedizin-2014/748096275204613 :

    „Anmeldezeitraum:
    ____ Frühbucher-Teilnahmekarten bis 31.8.2014 Frühjahr für nur €290.-
    ____ ab 1.9.2014 €310.-“

    Außerdem gibt es dort für „Aussteller“ die Möglichkeit, für ihre Produkte zu werben und sie anzubieten (!):
    „Aussteller 2014: Ich interessiere mich als Aussteller zu kommen. Bitte senden Sie mir Informationen dazu.“
    Man bedenke, was man innerhalb dieser Themenbereiche alles verkaufen kann!:
    Von der indianischen Kräutertinktur über Räucherutensilien/südamerikanische Voodoo-Puppen bis hin zur Bayrischen Lederhose etc.

    – und ein Buch zum Kongress:
    „Buch 2014: Ich bestelle verbindlich _____ Exemplar(e) des Sammelbands „Die Weisheit des Heilens – Von der Ethnomedizin zur Ganzheitsmedizin“ zum Vorzugspreis von nur €29.- (statt später €38.-)“

    (Vermutlich werden später auch DVDs von Kongress-Mitschnitten angeboten/verkauft.)
    Das übliche Muster bei Veranstaltungen dieser Art.

    Dass es in den Räumlichkeiten der Medizinischen Fakultät der LMU stattfindet, verbrämt das Ganze mit Seriosität und Wissenschaftlichkeit.
    Gefährlich für Leute, die das alles ernst nehmen … – und vielleicht das nächste Mal bei einer behandlungsbedürftigen Erkrankung zum „Heiler“/Schamanen gehen statt zum Arzt.
    Oder auf eine Hautauffälligkeit eine Kräutertinktur schmieren statt zum Hautarzt zu gehen wg. der DD-Abklärung (u. U. Basaliom oder Melanom).
    Für jemanden mit einer labilen psychischen Konstitution können Voodoo-Zeremonien/Rituale Auslöser für schwere Psychosen sein – im schlimmsten Fall lebenslang andauernd.

    Es wäre m. E. ein Fehler, nur die lächerliche Seite dieses „Weltkongresses“ zu sehen.

  3. Nachtrag:

    Der Veranstalter ist ein gemeinnütziger Verein – genießt also eine Reihe steuerlicher Vorteile und kann Fördergelder, Spenden, Zuwendungen (z. B. von „Ausstellern“ !) annehmen:

    http://www.institut-infomed.de/impressum.html :

    „INFOMED Institut für Ganzheitsmedizin e.V.“
    „Das Institut arbeitet gemeinnützig anerkannt zur Förderung der Wissenschaft, Forschung und Bildung, des öffentlichen Gesundheitswesens und der Weltgesundheit.“

    Man bedenke, dass der „Franfurter Ring e. V. “ einer der „Partner“ des Instituts INFOMED ist; auch ein gemeinnütziger Verein:
    http://www.frankfurter-ring.de/impressum.html

    Beim „Frankfurter Ring“ bietet Ali Erhan Veranstaltungen zu MMS an und propagiert dort die „Heilbehandlung“ damit.

    Welche unsäglichen Vereine sind denn noch als „gemeinnützig“ anerkannt und „förderungswürdig“ ?!

  4. @ Abe:

    Der Psiram-Artikel nimmt ja nicht die – deutsche – akademische Ethnologie in Schutz, sondern er verurteilt die erwerbsgetriebene Ausbeutung fremder Kulturen. Dass hier bestenfalls krude (Instant-)Ethnologie getrieben wird, um Zugang zur akademischen Medizin zu ergaunern, wurde auch aufgespießt. Den „Mangel“ sehe ich da nicht.

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