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Diskussion mit Impfgegnern: Religiöser Eifer und die Verteidigung der Vernunft

| 20 Kommentare

Wer starke Nerven hat, dem sei ein Artikel bei schockfaktor.de empfohlen:

Besuch bei den Impfgegnern“

Der Autor schildert darin eine mehrtätige Debatte mit Impfgegnern bei einer einschlägigen Facebook-Gruppe.

Richtig heiß wird es, als eine junge Frau in die Runde fragt, ob sie ihre 13 Monate alte Tochter nach einer Bagatellverletzung gegen Tetanus impfen lassen soll.

Am Ende zieht der Autor für sich das Fazit:

So weit mein Bericht aus den Untiefen der Impfgegnerschaft. Ich habe einiges gelernt und verstehe nun besser, wie Impfgegner ticken. Der Preis dafür waren einige Stunden manifester Unerfreulichkeit und einige Erkenntnisse, die ich lieber nicht gehabt hätte.

Mir ist völlig klar: Ich habe es hier nicht mit den Vordenkern der Szene zu tun gehabt. Sofern es intelligentes Leben gibt auf dem Impfgegnerplaneten, dann ist es woanders.

Ich glaube aber dennoch, dass ich die wesentlichen “Argumente” der Szene erlebt und hier wiedergegeben habe […]

Zwei wesentliche Punkte bleiben in meinem Bericht noch offen. Erstens die Frage, was gegen all das getan werden kann. Im Wesentlichen denke ich: Reden, Konfrontieren und die Diskussion nicht scheuen.

Für mich ist klar: Das hier ist keine Debatte um Extrempositionen, aus man sich heraus halten sollte, weil das schlau und vernünftig ist. Inzwischen geht es um die aktive Verteidigung der Vernunft. Impfgegner sind nicht mehr nur eine kleine Minderheit von Spinnern, die ignoriert werden kann.

Sie sind eine große Minderheit von Spinnern und eine noch viel größere Anzahl von Leuten, die ihre simplen Antworten gern übernehmen, weil sie sonst keine bekommen, oder sie aus nachvollziehbaren Gründen nicht verstehen oder akzeptieren können.

Sie drücken Angst und Zweifel in die öffentliche Wahrnehmung, die dort haften bleiben, wo keine Gegenrede ist […]

Der zweite offene Punkt betrifft die Frage, was die Impfgegner antreibt. Darauf will ich hier nicht mehr ausführlich eingehen, das tue ich ggf. gesondert.

Verkürzt würde ich sagen: Es gibt verschiedene Rollen im Kabinett der Impfgegner und sie haben unterschiedliche Motivationen.

Gemein haben sie eine Art religiösen Eifer.“

Zum Weiterlesen:

  • Besuch bei den Impfgegnern, schockfaktor.de
  • “Für Impfen” bei Facebook, GWUP-Blog am 5. April 2014
  • “Die Impf-Lüge” als Video – und wieder die Autismus-Mär, GWUP-Blog am 3. Juni 2014
  • Fatales Natürlichkeitsdenken der Impfgegner, GWUP-Blog am 11. Mai 2014
  • Reich werden durch Impfen? GWUP-Blog am 31. März 2014
  • Kinderarzt zu Impfgegnern: “Get Out of My Office”, GWUP-Blog am 5. Februar 2014
  • Skeptiker als Pharma-Söldner? GWUP-Blog am 21. April 2013
  • Die falsche Angst, Zeit-Online am 5. Mai 2014
  • Die Irrationalität der Impfgegner, GWUP-Blog am 6. Juli 2013
  • 20 häufige Impfgegner-Argumente: Was ist dran? GWUP-Blog am 18. Juli 2013

20 Kommentare

  1. Da habe ich den Artikel auf „schockfaktor“ heute ausnahmsweise nicht über die GWUP gefunden. Da war heute ein anders Portal etwas schneller ;)

    Wie auch immer, es ist grotesk was sich da abspielt. Deswegen meide ich inzwischen solche Diskussionen. Sie lassen mich oft so verzweifeln, dass ich manchmal schon soweit war zu sagen…

    „Ok… die Welt ist eh überbevölkert. Und bevor irgendwelche, medizinisch schlecht versorgte Dritte-Welt Bewohner daran glauben müssen, weil sie sich die medizinische Versorgung meist nicht leisten können, sollte man die hier verwöhnten Bürger, die Impfungen nicht für nötig halten sich selbst überlassen und die freigewordene Ressourcen der Dritten-Welt zukommen lassen.“

    Ich weiß… das ist bestimmt zynisch, aber soweit war ich schon unzählige male.

  2. @nihil jie
    Es mag nicht nett sein, aber ich neige inzwischen dazu diese Einstellung zu teilen, ganz besonders da soviele von den „Verweigerern“ ja nicht einfach nur harmlos ahnungslos, sondern einfach A******* sind…

  3. Ist es rechtlich nicht möglich, analog zur Schulpflicht eine Impfpflicht für Kinder einzuführen?

    Sicherlich lassen sich solche Probleme, wie Impfgegnerschaft, nicht nur durch staatliche Autorität aus der Welt schaffen (es läßt sich ja auch ein Mangel an Aufklärung nicht dadurch bekämpfen, daß die Polizei irgendwann vor der Tür steht, wenn man sein Kind nicht zur Schule schicken möchte), aber so ließe sich ja das Gröbste verhindern, angesichts der Tatsache, dass es um den Impfschutz in Deutschland schlecht bestellt ist und längst ausgestorben geglaubte Krankheiten ein Comeback feiern (wie ich erschreckenderweise aus der hier empfohlenen Sendung von Harald Lesch erfuhr).

    Man könnte mit Impfungen in der Schule so zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen…

  4. Danke für den Link – das hatte ich wohl trotz eifriger Lektüre dieses Blogs nicht gelesen.

    Ich verstehe die Argumente natürlich, aber bei einem gewissen Grad an Impfmüdigkeit fällt mir da keine andere Lösung sein.

    Gesetzt, die Impfpflicht wäre bereits rechtlich kodifiziert, dann ließen sich bestimmt Wege finden, diese befürchteten „Impftraumata“ abzuwenden. z.B. durch nicht angekündigte Impfungen in der Schule; d.h. die Impfgegner-Eltern würden dem Kind erst gar nicht spiegeln können, dass da jetzt etwas ganz Schlimmes passiert.

    Und ist das Kind erstmal in der Schule kann man die bewährten Mittel einsetzen, die Kinderärzte jetzt schon angewenden, um Kindern die Harmlosigkeit der Situation zu vermitteln…

    (ich weiß, rechtlich bewegt man sich da bestimmt auch auf Glatteis).

  5. Aussagen wie die von der Naturheilpraktikerin Petra Möckel sind für mich unverantwortlich:

    Der Beitrag zur Kinderimpfung startet im Video ab der 5. Minute:

    http://rtl-now.rtl.de/punkt-12/teil-22-punkt-12-das-rtl-mittagsjournal.php?film_id=159261&player=1&season=0

  6. Die orthografischen Fähigkeiten mancher Impfgegner lassen tief in deren Geist blicken…

  7. @Pierre Castell

    Grotesk. Damit ich die Denkweise der „Naturheilpraktikerin“ nachvollziehen kann, überlege ich die Ausbildung zum Heilpraktiker. Zum Beispiel bei der Zahnärztekammer Bayern:

    http://scienceblogs.de/kritisch-gedacht/2013/08/21/quacksalberei-fur-zahnarzte-eine-entscheidungsfindung/

  8. @Pierre Castell:

    Vor allem ist völlig unklar, was diese angebliche „Fachfrau“ in diesem Beitrag verloren hat – ansonsten kommen ja noch eine Ärztin und vernünftige Off-Aussagen zu Wort.

  9. @Abe:

    << Danke für den Link – das hatte ich wohl trotz eifriger Lektüre dieses Blogs nicht gelesen. << Ich muss - und werde - die Zahl der Beiträge reduzieren, ich argwöhne, die Leute kommen kaum mehr mit Lesen nach.

  10. @ Bernd Harder
    „Ich muss – und werde – die Zahl der Beiträge reduzieren!“

    Hoffentlich nicht zu drastisch.

  11. @Pierre Castell:

    Mal sehen – vornehmen kann man’s sich ja mal …

  12. @ Bernd Harder

    Ich habe das sowieso eher als Scherz verstanden.
    Als wenn Sie das Schreiben reduzieren könnten;-)

    Also gönnen Sie Ihren Lesern bitte auch weiterhin Ihre Artikel in der bisher gewohnten Form.

  13. @Pierre Castell:

    << Ich habe das sowieso eher als Scherz verstanden. << Na, nicht so ganz ... So wie diesen Monat geht es sicherlich nicht weiter.

  14. @ trixi:

    Sie fliegen nicht nur von der Schule, sondern dürfen sich meines Wissens nach erst gar nicht dort anmelden bzw. deren Anmeldung wird bei Nichtimpfung direkt abgewiesen.

  15. Dass Impfgegner keine kleine Minderheit mehr seien, ist vermutlich ein Eindruck, der durch ihre offensiven Internetaktivitäten entsteht.

    Aber die Impfraten bei Kindern zeigen, dass die Gruppe der echten Impfgegner recht überschaubar ist.

    Bei den Schuleingangsuntersuchungen in Bayern geben gerade einmal 1,5 % der Eltern an, dass sie alle Impfungen für ihr Kind ablehnen (allerdings mit auffälligen regionalen Häufungen): Gesundheitsreport Bayern 1/2013

  16. Hallo Zusammen,

    ich bin permanent latent überfordert was diese Diskussion angeht. Vor allem was im Netz so abgeht.

    Auf beiden Seiten der Medaille tuen sich sogenannte „Nichtexperten“ auf, die ganz genau Wissen was das Richtige ist. Ich bin eigentlich nur „Eltern“ und setze mich daher mit diesem Thema intensiver auseinander.

    Leider ist die Proseite (Befürworter im Netz und Ärzteschaft) leider nicht so eindeutig eingrenzbar wie es oft dargestellt wird. Einige Ärzte und auch Kinderärzte entpuppten sich nach Gesprächen als massive Impfgegner, eigentlich Experten auf deren Urteil man sich verlassen muss, manchmal vielleicht nicht kann? Als Patient ist man ja irgendwie auf deren Meinung angewiesen und kann sich dieser nur schwer widersetzen.

    Ähnlich ist das mit der Antibiotikagabe bei jedweden Infekt oder der Frage ob eine Operation sinnvoll ist oder nicht. Wer verlässt sich da nicht auf das Urteil des Arztes?

    Vielleicht ist es daher nicht nur ein religiöser Eifer, so wie Sie dies Titulierten, sondern bei manchen fachliche Überzeugung derer man sich wirklich schwer widersetzen kann.

    Ich vermute, dass die Impfgegnerschaft schon viel tiefer verwurzelt ist und sie als religiösen Eifer zu bezeichnen leider nur auf die Diskussionen im Netz zutreffen könnten.

    Ein Eltern

  17. für mich mal wieder ein Beweis, dass anscheinend das Bildungssystem am Rande des Kollapses ist, ein bisserl mehr naturwissenschaftliche Grundlagen sollte die Menschen schon lernen. Aber das Konzept der Aufklärung ist nun mal das Bohren sehr harter Bretter.
    Wenn das auf Schockfaktor.de angegebene wirklich der Wahrheit entspricht und alle an der Debatte ernsthaft teilgenommen haben (im Netz wird ja gern getrollt) macht mich das aber schon sehr traurig.

    Die dort argumentierenden „Impfgegner“ unterscheiden sich da nicht sonderlich von den „Lichternährern“

  18. Schade, dass solche twitter- und facebook-Debatten an uns etwas bemoosteren Häuptern vorbeilaufen, wir könnten manche Geschichte erzählen:

    Zum Beispiel von den Polio-Fällen in der Nachbarschaft und den davon gezeichneten KlassenkameradInnen – ein restliches Leben lang humpelnd; und davon, was eine „Eiserne Lunge“ ist und was es heißt, mit gelähmtem Zwerchfell da drin zu liegen;

    von der panischen Angst der jungen schwangeren Frauen, wenn die Röteln umgingen,

    von den blutuntelaufenen Augen von Keuchhustenkranken;

    von den Fieberdelirien masernkranker Kinder und wie sich so etwas anfühlt, wenn’s einen noch selbst erwischte;

    von dem Glück, so etwas heute nicht mehr mitansehen zu müssen.

    Und von dem Zorn, der aufsteigt, wenn so eine Blase von Kindsköpfen, die sich in ihrem Wohlstand nicht zurecht finden, das aufs Spiel setzen wollen.

  19. @LuPaSch:

    Es gibt – hoffentlich – sehr wenige Kinderärzte, die man den Impfgegnern zurechnen könnte. Diese Wenigen verbreiten normalerweise in einer Art Sendungsbewusstsein ihren Glauben sehr offensiv, so dass ihre Zahl in der öffentlichen Wahrnehmung größer erscheint als sie ist.

    Es ist davon auszugehen, dass die in Deutschland von der Impfkommission empfohlenen Impfungen sinnvoll sind.

    Bei den Antibiotika haben Sie Recht, da wird oft zu schnell verabreicht. Aber die generelle Ablehnung von Antibiotika, wie sie derzeit im Schwange ist, könnte sehr fatale Folgen haben. Bei vielen bakteriellen Infektionen gibt es einfach keine Alternative, ausser dem Tod oder bleibenden Schäden.

    Hunderte Millionen Menschen verdanken Antibiotika ihr Leben, das verkennen heute viele.

    Religiöser Eifer ist bei Impfgegnern schon die richtige Analogie, weil diese Gegnerschaft nicht auf Wissen sondern auf Glauben und Hörensagen basiert.

    Studien, die eine Schädlichkeit belegen sollen, wurden bisher stets, einige leider erst nach Jahren, entweder zurückgezogen oder als gefälscht entlarvt.

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