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Beware of Homeopathy: Die Woche der Aufmerksamkeit geht wie üblich daneben

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Die „Internationale Woche der Homöopathie“ ist mal wieder angebrochen – und wie jedes Jahr heischen die Homöopathen nach jedem bisschen Aufmerksamkeit, das sie kriegen können.

Im Wiener Presseclub zum Beispiel haben „mehrere Ärzte“ darauf hingewiesen, dass …

… neue wissenschaftliche Studien die Wirksamkeit homöopathischer Arzneien bestätigen“,

heißt es in einer Presseerklärung.

Darin wird unter anderem der Leiter der Abteilung für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie des Landeskrankenhauses Feldkirch zitiert:

„Bei Verletzungen wirken homöopathische Mittel ebenso gut wie konventionelle Medikamente.“

Erst bei näherem Hinsehen wird deutlich, dass es a) nur um „leichte bis mäßige Sportverletzungen“ geht und b) lediglich von einem bestimmten „homöopathischen Mittel“ die Rede ist, nämlich von Traumeel.

Soso, Traumeel also.

Ein Konglomerat aus mehr als einem Dutzend Inhaltsstoffen, davon die Hälfte in Urtinkturkonzentration. Letztere summieren sich auf rund 1,5 Gramm pro 100 g Salbe.

Irgendeine Wirkung kann diese Salbe also durchaus entfalten, ohne dass das etwas mit Homöopathie zu tun hätte. Allein die leichte Massage beim Applizieren wird ihren Beitrag dazu leisten.

Ausführlich mit Traumeel beschäftigt hat sich Dr. Norbert Aust bei Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie.

Aber damit nicht genug:

Natürlich wedeln – wie ihre deutschen Kollegen – auch die österreichischen Homöopathen mit einer Veröffentlichung Robert G. Hahns, Professor für Anästhesie und Intensivmedizin an der schwedischen Universität Linköping:

Hahn kam zum Ergebnis, dass man 90 Prozent der vorhandenen klinischen Studien außer Acht lassen müsste, um den Schluss zu ziehen, dass Homöopathie wirkungslos ist.“

Und fast ebenso selbstverständlich steht das, was die Homöopathen aus Hahns Metaanalyse herauslesen, gar nicht drin:

Dass die Arbeit zu dem Fazit käme, dass die meisten Studien zu einem positiven Ergebnis kämen, ist schlicht nicht zutreffend“,

analysiert wiederum Aust in seinem Blog.

Glück für die Homöopathen, dass sie ihre Pressekonferenz „Studien beweisen Wirksamkeit von Homöopathie“ am 8. April abgehalten haben.

Nur einen Tag später hätten sie sich vermutlich mit unangenehmen Journalistenfragen konfrontiert gesehen – denn am 9. April berichteten die Medien weltweit einmal mehr von der völligen Wirkungslosigkeit der Nonsens-Methode:

Hilft weder gegen Migräne noch gegen Asthma“,

titelte zum Beispiel die Frankfurter Allgemeine Zeitung unter Berufung auf eine „gerade neu erschienene australische Übersichtsstudie“, während der Business Insider mit der Schlagzeile

Homeopathy Is A Total Joke, Doesn’t Work“

herauskam.

Apropos Studien:

Wer einmal plastisch nachvollziehen möchte, was Homöopathen so alles anführen, um ihr Metier irgendwie „wissenschaftlich“ aussehen zu lassen, der sei auf den Artikel „Komplexhomöopathikum bewährt sich in Anwendungsbeobachtung“ in der Online-Ausgabe der Pharmazeutischen Zeitung verwiesen.

Der Beitrag ist zwar schon drei Jahre alt und dreht sich bloß um eine Anwendungsbeobachtung, ist aber so herrlich selbstentlarvend, dass er bis heute für Heiterkeit sorgt.

Die vielen bunten Grafiken und das wortreiche Geschwalle der Autorin besagen am Ende lediglich, dass ein grippaler Infekt mit Homöopathika genauso lange dauert wie unbehandelt.

Sa-gen-haft!

Ach ja, zum Abschluss ihrer Pressekonferenz beklagte die Österreichische Gesellschaft für Homöopathische Medizin noch die „Manipulation der Medien durch Skeptiker“:

„Mächtige Skeptiker- und Lobbygruppen weltweit“ würden versuchen,

… Medien und öffentliche Meinung zu beeinflussen, um alternative Medizin zu diskreditieren.“

Brauchen wir eigentlich gar nicht, denn mit solchen Presseveranstaltungen oder dem eben genannten Artikel diskreditieren sich die Homöopathen selbst schon genug.

Nichtsdestotrotz haben die Skeptiker die aktuelle „World Homeopathy Awareness Week“ gerne zum Anlass genommen, um auf den Unsinn der Homöopathie aufmerksam zu machen.

In Hamburg, Wien und Traunstein gab es gestern und vorgestern eine 10:23-Aktion.

Fotos aus Wien gibt es hier, ein kurzes Video dazu hier.

Aus Traunstein berichtet der nutzhirn-Blog, bei Facebook findet sich dazu noch eine Chronologie, wie die Steinbeis-Hochschule sich mittlerweile von der gescheiterten „Homöo-Akademie“ distanziert.

Und dann gibt’s noch ein paar (englischsprachige) Anmerkungen zur „Homeopathy Awareness Week“ aus skeptischer Sicht.

Zum Weiterlesen:

  • Wirkt Traumeel S® bei Entzündungen im Rachen? Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie am 10. September 2013
  • Metaanalysen in der Homöopathie, Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie am 3. Februar 2014
  • A Major Australian Health Study Has Concluded Homeopathy Is A Total Joke, Doesn’t Work, Business Insider am 9. April 2014
  • Of course it doesn’t work, there’s NOTHING IN IT, Doubtful News am 9. April 2014
  • Große Homöopathie-Studie: Hilft weder gegen Migräne noch gegen Asthma, FAZ am 9. April 2014
  • Homöopathie in Australien unter Druck, Psiram am 10. April 2014
  • Komplexhomöopathikum bewährt sich in Anwendungsbeobachtung, Pharmazeutische Zeitung 14/2011
  • Homöopathie, Scientabilität, Frollein Doktor und die Belege, GWUP-Blog am 15. Januar 2014
  • Homöopathen-Kritik an den Skeptikern: Geht’s noch ein bisschen peinlicher? GWUP-Blog am 16. März 2014
  • 10:23-Aktion in Traunstein – nachgefragt, GWUP-News am 12. April 2014
  • Eine Typologie der Negativkommentare zur 10:23-Überdosis, skeptiker.ch am 26. Oktober 2013
  • Nichts drin, nichts dran: die Homöopathen-Ausreden, GWUP-Blog am 9. April 2013
  • Hochverdünnte Argumente: Die Ausreden der Homöopathen nach der 10:23-Aktion, GWUP-Blog am 9. Februar 2011
  • Skeptiker als Pharma-Söldner? GWUP-Blog am 21. April 2013

16 Kommentare

  1. Bei Sportverletzungen wirkt Traumeel natürlich genauso wie Heparin-Gel oder Voltarensalbe: alle drei helfen nämlich gar nicht.

  2. Es ist schon eigenartig, mit welcher Verbissenheit sich Homöopathieanhänger an die kleinste Hoffnung klammern, dass HP wenigstens sich bei EINER Beschwerde/Krankheit als wirksam erweise, als wenn man dann schon von der Wirksamkeit generell sprechen könnte.

    Wenn ein Erfinder tausende von Erfindungen macht, und nur eine funktionierte, könnte er sich kaum rühmen, ein erfolgreicher Erfinder zu sein.

    Aber den wahren Homöopathen schreckt das nicht.

  3. „Mächtige Skeptiker…“. Die haben ganz schön Respekt.

  4. @Michel:

    Ja, die GWUP wird langsam lästig …

  5. War das ein letzter Gruß vom scheidenden Traunsteiner Bürgermeister, dass die 10:23-Aktion im letzten Moment vom belebten Stadtplatz in eine vollkommen andere Ecke verlegt wurde???

    Sei’s drum…

    http://www.chiemgau24.de/chiemgau/traunstein/traunstein/globuli-proteste-traunstein-wenig-los-3479285.html

  6. @nota.bene … warum sollte Voltaren bei der beachtlichen Menge an Diclofenac nicht wirken? Es wirkt rein symptommildernd, ja, aber eine Wirkung sollte in bestimmten Fällen schon da sein :) …

  7. Überdosis ohne Folgen in Traunstein: http://www.reichenhaller-tagblatt.de/home_artikel,-Globuli-Ueberdosis-der-Skeptiker-blieb-ohne-Folgen-_arid,131373.html

    Die Frage bleibt, wer für die kurzfristige Änderung der Location gesorgt hat… Der Grund dafür dürfte eher klar sein.

  8. Bemerkenswert an der Meditonsin-„Studie“ ist noch, dass sie von einer Mitarbeiterin der Herstellerfirma „Medice“ durchgeführt wurde. Es handelt sich also um eine Werbeanzeige, ist aber nicht als solche gekennzeichnet.

  9. @Bernhard
    Der meiste Teil des Wirkstoffes wird über Haut resorbiert und gelangt somit allenfalls via Blutkreislauf an das gezerrte Gelenk. Also schluckt man das Voltaren besser. Man kann es sich auch auf den Bauch reiben, wenn das Knie schmerzt.

  10. @nota.bene
    Genau, wenn man Hunger hat, legt man sich ja auch kein Schnitzel auf den Bauch ;-)

  11. Da denke ich immer gerne an meine Pharmakologievorlesung beim sehr geschätzten Prof. Mutschler zurück: (Orginalton)

    Sehr geehrte Damen und Herren, guten Morgen!

    Heute geht es in der Vorlesung um Homöopathie.

    Homöopathie wirkt nicht.

    Und jetzt zum nächsten Thema…

    Fand und finde ich immer noch sehr schön

  12. Morgen (Mittwoch, 15. April 2014) gibt es auf 3Sat mehrere Sendungen hintereinander, die vielleicht einige hier im Blog interessieren (welche davon evtl. Wiederholungen sind, weiß ich leider nicht).

    13.20 Uhr: „Wer MS heilt, hat recht?“
    14.00 Uhr: „Impfen – nein Danke?“
    14.45 Uhr: „Zurück ins Leben“
    15.30 Uhr: „Neues aus dem Reich der Mitte – der Darm“
    16.15 Uhr: „Homöopathie – Heilung oder Humbug?“

    Die Sendungen werden im Nachtprogramm ab 1.45 Uhr wiederholt!

  13. @ Mic:

    Der ist gut … ! :-)
    Besser und kürzer kann man`s nicht sagen.

    @ Pierre Castell:

    Danke für`s Einstellen der interessanten TV-Tipps.
    Schau`n mer mal, ob die Sendungen auch nachts wiederholt werden oder aufgezeichnet später zu sehen sind.

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