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Der Wahnsinn: Homöopathie gegen Krebs und Bach-Blüten bei Kindesmissbrauch

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Was haben die Skeptiker bloß gegen all die „sanften“ Heilverfahren aus dem Phantasialand?

Die medizinisch-wissenschaftlichen Gründe haben wir unter anderem in dieser vierteiligen Serie dargelegt.

Daneben gibt es natürlich noch weitere Aspekte, die zum Beispiel mit Verbraucherschutz zu tun haben. Oder schlicht mit Vernunft.

Andere – auch emotionale – Gründe lesen wir im Blog Nachdenken … bitte:

 Ich bin Skeptiker, weil ich Dummheit hasse. Ich möchte wissen, nicht nur „glauben“.

Ich bin Skeptiker, weil ich neugierig auf die Welt bin und so viel wie möglich verstehen und wissen möchte.

Und ich bin vor allem deshalb ein Skeptiker, weil ich die Menschen liebe. Ich will nicht, dass sich Menschen selbst hinters Licht führen. Ich will nicht, dass Menschen von anderen Menschen hinters Licht geführt werden.“

Letzteres ist genau der Punkt.

Denn wer glaubt, dass „Alternativmedizin“ ein Hort der Gutmenschen ist, wo sich die Philanthropen dieser Welt gegen entfremdete Ärzte und das Profitdenken der pharmazeutischen Industrie zusammengefunden haben, der unterliegt einem Fehlschluss.

Drei Tiefpunkte eines irrationalen medizinischen Weltverständnisses von diesem Wochenende:

  • Via kinderdoc macht eine nahezu unglaubliche Geschichte die Runde:

Bachblüten-Tropfen für 39 Euro pro 50ml als Heilmittel für emotionale Folgen von Kindesmissbrauch.“

Auf der Webseite des Anbieters heißt es unter anderem:

Es ist selbstverständlich, dass Kindesmissbrauch eine schwere, traumatische Erfahrung ist. Bachblüten helfen, dieses Trauma zu verkraften, wodurch es weniger Schaden im weiteren Leben des Kindes verursachen kann.“

Der Science-Blog Frischer Wind hat schon darüber berichtet, die grafikpolizei schreibt von „schlimmster Scharlatanerie“ und diaphanoskopie spiegelt angemessen den ungeheuerlichen Zynismus dieser Pseudo-Therapie wider.

Update: Vor wenigen Stunden hat der Anbieter die Seite vom Netz genommen.

  • Julitschka schreibt in ihrem Blog Wer heult, hat Recht über eine „menschenverachtende Therapie gegen Krebs“ und die „Arroganz der Homöopathen“.

Wohlwollend unterstützt wird das Treiben des homöopathischen „Krebsheilers“ Dr. med. Jens Wurster vom Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ).

Nicht nur deswegen nominiert übrigens diaphanoskopie die Homöopathen-Lobby für das Goldene Brett 2013. Und merdeister urteilt über den DZVhÄ:

Eine Qualitätskontrolle findet nicht statt.“

  • Wie es einer Patientin realiter mit einer homöopathischen Krebsbehandlung ergehen kann, entnehmen wir einem anonymen Fallbericht bei Psiram:

Homöopathie, die von Anfang an im Spiel war und von allen Seiten – vom behandelnden Onkologen bis zu skeptischen Freunden – toleriert wurde, schien legitimiert. In dieser schwierigen Zeit kämpfte S. also alleine ohne wirksame Therapie gegen ihre Gedanken, die immer größere Angst und Unsicherheit, die Verzweiflung, die immer merkbarere Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes.“

Das ist so ähnlich wie „Backpulver gegen Krebs“.

Auch das propagieren ernsthaft „Alternativheiler“.

Update: Kaum sind die Bach-Blüten für missbrauchte Kinder vom Netz, entdeckt Frischer Wind einen neuen Tiefpunkt: „Welches homöopathische Mittel hilft bei Vergewaltigung?“

Zum Weiterlesen:

9 Kommentare

  1. Der nimmt jetzt das Angebot der Bachblüten aus dem Web. Aber nicht, weil er erkannt hat, dass das unverantwortlich ist.

    http://www.bachblueteninformation.de/bachbluten-fur-kindern/kindesmisshandlung.htm

  2. @skeptikus:

    Ja, bei Facebook gabs ne Entschuldigung – nachdem mehrere Kommentatoren laut überlegt haben, Polizei oder Verbraucherschutz oder Justizbehörden einzuschalten:

    https://www.facebook.com/gwup.org/posts/10152048327683784?comment_id=30647007&offset=0&total_comments=43

  3. Schnell eingestreuter, bitter-satirischer (und inzwischen etwas älterer) Link: Kurzes Handbuch der Quacksalberei.

  4. Soso, jetzt werden auch Kinder so deutlich ins Geschäftsmodell miteinbezogen. Die hier geschilderten Fakten sind so skandalös, dass man hoffen kann, dass nicht nur laut überlegt wird, „Polizei Verbraucherschutz oder Justizbehörden einzuschalten“, sondern dies auch sofort in die Tat umgesetzt wird.

    Solche Scharlatarne sind vielleicht noch mit anderen Vertriebswegen aktiv, von denen wir bisher nur nichts wissen.

  5. Wenn Homöopathie mal nicht mehr apothekenpflichtig sein sollte dann wird sicherlich Networkmarketing daraus.

    Wie verträgt sich eigentlich Apothekenpflicht mit Online-Verkauf?

    Zu Pierre: Gerne, aber womit?

    Das es auch an Kinder verkauft wird ist kein Argument

    Leider genießt Homöopathie ja einen obskuren Sonderstatus in Deutschland

  6. Ähm… was ist das denn für eine Einleitung?

    Alternative Heilmethoden mögen ja großteils dem Reich der Fantasie entspringen – aus dem PHANTASIALAND hingegen kommen eher … Achterbahnen und so. Und die kommen da auch nicht raus, die bleiben da drin.

    Das habe ich selbst schon oft beobachtet! (anekdotischer „Beweis“, wissenschaftlich haltlos)

  7. @ Bernd

    Das wissen wohl die Personen besser, die „laut überlegt“ haben.

    Aber es scheint doch schon was bewirkt zu haben, sonst hätte er das Angebot nicht rausgenommen…

  8. @crazyx:

    Ich bekomme 829 000 Einträge, wenn ich „Homöopathie“ und „Achterbahn“ googele:

    https://www.google.de/#q=hom%C3%B6opathie+achterbahn

  9. @ crazyx

    Als großer Fan von Richard Schmidt und seinem Schaffen (einem der beiden Gründer des Freizeitparks, den ich vor ca. 20 Jahren für eine Zeitschrift interviewte), danke ich Ihnen für die Werbung „Phantasialand“.

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