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Der Berliner Ufo-Akten-Prozess und die Reichsdeppen

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Vor ziemlich genau zwei Jahren haben wir über den Berliner „Ufologen“ Frank Reitemeyer berichtet, der den Bundestag dazu zwingen will, angebliche „Ufo-Akten“ herauszugeben.

Dabei hat die Posse mit „Ufos“ eigentlich gar nichts zu tun.

Vielmehr geht es um den Bericht “Die Suche nach außerirdischem Leben und die Umsetzung der VN-Resolution A/33/426 zur Beobachtung unidentifizierter Flugobjekte und extraterrestrischen Lebensformen” vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags.

Anfang Dezember 2011 gewann Reitemeyer seinen Prozess vor dem Berliner Verwaltungsgericht – er dürfe das Papier lesen, entschieden die Richter.

Doch das Parlament ging in Berufung und seitdem ist das Verfahren beim Oberverwaltungsgericht Berlin anhängig.

Am kommenden Mittwoch (13. November) soll das Urteil verkündet werden.

Der Dresdner Rechtsanwalt und CENAP-Mitstreiter Jens Lorak hat dazu im Ufo-Meldestelle-Blog diese Stellungnahme veröffentlicht:

Es geht am 13.11.2013 nicht um UFOs oder deren „Akten“, sondern darum, ob die Arbeitsergebnisse des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) unterliegen. Unter dem Vorbehalt, dass es eigentlich nicht Sache von CENAP ist, sich darum zu kümmern, hier meine juristische Meinung zum Problem:

Dass Rechtsanwälte oder Ärzte über was, was ihnen ihre Mandanten bzw. Patienten anvertrauen, vor der Polizei keine Aussagen machen müssen, weiß jeder.

„Kluge“ Menschen kamen daher auf diese Idee: Wir greifen uns die Sekretärinnen, die Fahrer oder Auszubildenden bzw. bei Ärzten die Krankenschwestern oder Pfleger und verhören diese. Deswegen wurde ein § 53a in die Strafprozessordnung (StPO) eingefügt, der besagt: auch die Hilfspersonen der Anwälte, Ärzte, Geistlichen haben ein Aussageverweigerungsrecht.

Und genauso verhält es sich mit dem Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages.

Er ist eine Hilfsperson für die Abgeordneten. Ich sehe eine Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes genauso an wie den Briefentwurf einer Sekretärin für den Anwalt. Beides geht nur den Mandanten bzw. den Abgeordneten etwas an. Für die Abgeordneten selber bzw. den Bundestag als Ganzes gilt das IFG nicht. Also auch nicht für die Hilfsperson Wissenschaftlicher Dienst.

Herr R. hat keinen Anspruch, die bewusste „Akte“ zu lesen.“

Auch der Berliner Kurier berichtet über den „irren Prozess“ in der Bundeshauptstadt.

In dem Artikel heißt es unter anderem:

 Reitemeyer war mal stellvertretender NPD-Kreisvorsitzender in Tempelhof-Schöneberg und hielt Vorträge auf „Neuschwabenland-Treffen“ vor deutschtümelnden Verschwörungstheoretikern. „Ich distanziere mich heute von dieser Zeit. Ich bin an der Wahrheit interessiert und will Transparenz im Umgang mit Bundestags-Gutachten.“

Parallel dazu meldet die Märkische Oderzeitung, dass …

… Behörden in Brandenburg immer häufiger von sogenannten Reichsbürgern belästigt und bedroht werden […]

„Viele äußern unverblümt antisemitisches und volksverhetzendes Gedankengut“, sagt Michael Hüllen, Referatsleiter in der Verfassungsschutzbehörde. Immer häufiger würden auch Bezüge zur Neonazi-Szene festgestellt. Drohbriefe einer in Brandenburg aktiven „Reichsbewegung“ erhielten jüdische und islamische Gemeinschaften.“

Können wir uns lebhaft vorstellen.

Einem dieser Reichsdeppen hat wohl auch unser Artikel „Reichsbürger und Chemtrails“ nicht gefallen.

In einem Hirnfraß-Kommentar dazu lesen wir Beschimpfungen wie „Schweine, Schädlinge, Vollidioten“. Und von „KZ-Lagern“ und dem „gesunden Volkskörper“ ist natürlich auch die Rede.

Anscheinend muss man auf diese Irren tatsächlich ein Auge haben.

Zum Weiterlesen:

  • Exos und Ufos, GWUP-Blog am 27. November 2011
  • Ufos: Prozess gewonnen, sonst nix, GWUP-Blog am 4. Dezember 2011
  • Deutscher Ufo-Akten-Krampf, Ufo-Meldestelle-Blog am 8. November 2013
  • Neuschwabenland: Verschwörung, Mythos oder Ammenmärchen? Skeptiker 3/2013
  • Skepkon 2013: Nazis über uns? Der Mythos Neuschwabenland, GWUP-Blog am 19. Mai 2013
  • „Reichsbürger“ bedrohen Verwaltungen, Märkische Oderzeitung am 7. November 2013
  • „Reichsbürger“ bei Netz gegen Nazis
  • Reichsbürger und Chemtrails, GWUP-Blog am 1. September 2013
  • Pressemitteilung zur „Operation Axel Stoll“, Hoaxilla am 22. Oktober 2013
  • Venus results in UFO calls to astronomers, Doubtful News am 9. November 2013
  • How I Became a Raelian, CSI am 8. November 2013
  • UFO Sightings Are Increasing Because People Can’t Tell Them Apart From Drones, Time am 4. November 2013
  • What It’s Like to Believe You’re Controlled By Reptilians, The Atlantic Wire am 5. November 2013
  • Identified Flying Objects, CSI am 30. Oktober 2013
  • Area 51 Declassified: Documents Reveal Cold War ‚Hide-and-Seek‘, Space.com am 6. November 2013
  • Billions of Worlds, Preposterous Universe am 6. November 2013
  • Ufo-Forschung zwischen deutscher Exopolitik und Wirklichkeit, CENAP-Blog
  • Ufos vor Gericht, Berliner Zeitung am 12. November 2013

12 Kommentare

  1. Eigentlich ist es schade, dass es keine Möglichkeit gibt, an Berichte des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages heranzukommen, auch wenn das Argument mit den Hilfspersonen richtig ist.

    Aber schön wäre es doch gewesen, wenn es eine Chance gegeben hätte, festzustellen, wie groß der Anteil der Eigenleistung von Kristina Köhler (besser bekannt als Ex-Ministerin KS) an ihrer Dissertation ist…

  2. @Nanea:

    Ein Politiker, darf auf den wissenschaftlichen Dienst zurückgreifen, selbst wenn es um den Erwerb eines akademischen Titel dient. Warum sind wohl diese Volksvertreter vom Volk gewählt?…und was hat dagegen ein akademischer Titel für ein Stellenwert?…gehört nicht jedem Politiker zumindest der Doktor h.c.? ;-)

  3. Die grundsätzliche Frage, ob das IFG für den Bundestag gelten sollte, ist natürlich losgelöst zu betrachten. Ich persönlich antworte da zwar mit einem klaren „ja!“, weil ich der Meinung bin, dass unsere Volksvertreter zumindest retroaktiv dem Wahlvieh Rechenschaft schuldig sein sollten, aber das ist wie gesagt hier nicht das Thema.

    Die anscheinende Attraktivität der rechten Esoterik-Szene ist etwas, das ich stets mit morbidem Interesse wahrgenommen und noch nie verstanden habe. Im Auge behalten: ja, ist wohl sinnvoll. Leider.

    PS: passend zum Thema: das Interviewbuch von Alex und Sebastian mit Dr. Stoll kommt bald heraus…

  4. @Robert

    Die anscheinende Attraktivität der rechten Esoterik-Szene ist etwas, das ich stets mit morbidem Interesse wahrgenommen und noch nie verstanden habe. Im Auge behalten: ja, ist wohl sinnvoll. Leider.

    …ich muß gestehen, das kannte ich – bis vor Kurzem – nicht…meine Wahrnehmung der „Rechten Szene“ endet Ende der Achtziger…und da war sie noch „bodenständiger“…

    ich erinnere mich an einen Besuch eines „FAP-Sympathisanten“ der eine „Schwarz-Rot-Gold“-Fahne in seinem Zimmer hängen hatte (das ist eigentlich so LOL)…aber was damals weiter passierte, war nicht mehr so „LOL“…

    ich war mit diesen „Jungs“ unterwegs (die Geschichte ist teilweise sehr umfangreich – aber ich war kein „Skin“, sondern das Gegenteil, aber ich habe mich, aus „gesellschaftspolitischen“ Gründen, damals mit einem (relativ) einflussreichen Mitglied der FAP angefreundet habe)…als diese eine Spielothek mit einem türkischen Eigentümer verwüsteten…wenn uns damals die „Bullen“ gefasst hätten, wäre ich auch dran gewesen, obwohl ich, wie paralysiert dagestanden habe…

    …und dann noch der Hammer, daß ich gestanden habe, daß ich mehr dem Anarchismus zugewandt war…danach war es mit dem „Freibier“ zu ende…man, was ist man in seiner Jugend noch so naiv ;-)

  5. Ralf:

    Du erweist allen antirassistischen Skins einen Bärendienst.

    War der FAPler eigentlich ‚Skin‘?

    Du weißt, was Kühnen über Skins gesagt hat?

    Ich hab als Skin schon against racism-konzerte gemacht oder auch auf welchen Security

  6. Ich habe meine Schwierigkeiten mit der Rechtsauffassung, die im Artikel dargestellt wird.

    Der Bundestag ist kein Individuum, das aufgrund seiner Tätigkeit der Schweigepflicht unterliegt, sondern die gewählte Volksvertretung, die der demokratischen Kontrolle unterliegt, also prinzipiell – von Ausnahmen abgesehen – öffentlich einsehbar handeln muss.

    Die Arbeitsergebnisse wissenschaftlicher Forschung sind ebenso prinzipiell öffentlich, ansonsten können sie nicht zum Seinszweck der Wissenschaft beitragen.

    Persönlich – als juristischer Laie – sehe ich keinen Grund, warum diese Arbeitsergebnisse also einem Verschluss unterliegen sollten.

  7. @Nele Abels: das ist es, was ich mit der grundsätzlichen Frage meinte, ob das Informations-Freiheits-Gesetz für den Bundestag gelten sollte. Es mag Gründe geben, aus denen kurzfristig Informationen nicht an die Öffentlichkeit gelangen dürfen.

    Ich bin da zwar auch schon etwas skeptisch, aber es mag durchaus Anlässe geben, wo es sehr schädlich wäre, wenn man jeden Satz in der Presse wiederfindet.

    Kurzfristige Geheimhaltung also: mit Bauchschmerzen, aber kann legitim sein.

    Vom Transparenzgedanken her müsste aber zumindest nach gewissen Fristen grundsätzlich jedes Schriftstück, das die Parlamentarier in ihrer offiziellen Funktion verfasst oder empfangen haben, potentiell der Kontrolle des Souveräns zugänglich sein.

    Dass z.B. die Toll-Collect-Verträge bis heute nicht öffentlich sind, ist nicht weniger als ein Skandal. Wenn wir uns nicht informieren dürfen, sind wir nämlich wirklich nur „Wahlvieh“. Grundsätzlich tut sich da in unserer Politik ganz langsam etwas, wenngleich die Parteien, die Regierung und auch der Bundestag es noch ein wenig an Demut gegenüber ihrem Auftrag missen lassen, finde ich.

    (Das ändert natürlich nicht viel daran, dass dieser UFO-Akten-Prozess an Albernheit kaum zu überbieten ist.)

  8. Anscheinend muss man auf diese Irren tatsächlich ein Auge haben.

    Ja, die werden immer dreister, oder es werden immer mehr und es wird deshalb lautstärker. Jedenfalls bevölkern sie eine der schrägeren Ecken des, sagen wir, weltanschaulichen Spektrums.

    Da wird man wirklich ein Auge drauf haben müssen, vor allem wenn das nicht einfach ein paar mehr oder minder harmlose Spinner sind, sondern wenn da interessiertes rechtsextremes Personal profesionell mitmischt.

  9. @Bernd
    Du willst doch nicht behaupten die FAP-Skins seinen antirassistisch gewesen? Die Kühn-Kontroverse kann man auch bei Wikipedia nachlesen…die Anhänger der FAP, die ich kannte, waren nicht antirassitisch, sondern das Gegenteil…White Power…sagt schon alles…
    Der betreffende „Freund“ ist ein oder zwei Jahre aus der FAP ausgetreten und wurde dafür getreten…dh er hatte ein paar blaue Flecken…aber zumindest hat er den Ausstieg geschafft und vielleicht habe ich dazu etwas beigetragen…zumindest meinte ein Polizei-Beamter, der mich in seinem Fall befragte…er könne froh sein, daß er so ein „Verteidiger“ hat…ich bin ja kein „linkes“ Schwein ;-)

  10. Ralf:
    Natürlich will ich nicht behaupten, die FAP-Skins seien antirassistisch gewesen. Das wäre eine wirklich schräge Aussage.

    Ich hab leider nicht das zitiert, auf das ich mich vor allen Dingen bezog:
    „aber ich war kein “Skin”“.
    Du setzt damit Skin allgemein mit Nazi gleich. Gerade als traditioneller Skin hättest Du ja ein Problem mit den Nazis gehabt.
    Ich z.B. war nie so stark Skin wie nach meinem Ausstieg aus der rechten Szene.

    95% der Nazi-Skins sind ja gar keine Skins, sondern haben einfach nur einen Teil des Outfits geklaut und haben vom Skinhead-Kult komplett keine Ahnung. Es gibt nur ganz wenige Rechte, die – so verdreht das auch ist – sich hauptsächlich als Skin fühlen, wissen warum es eigentlich ging und trotzdem rechts sind. Sie sind mehr das Subkultur als der Politik verpflichtet.

    Nicht jeder kahlrasierte FAPler mit Glatze, 20-Loch-Boots und Bomberjacke ist Skin, er ist eher eine Parodie davon.
    Aber mir ist klar, dass es auf den Skinhead-Kult allgemein zurück fällt und die Deppen selbst meinen, sie wären Skins.

    Wobei ist nicht sagen will, dass auch die nicht-rechten Skins zu Männlichkeitskult, Gewalt und Patriotismus (neigen) können. Eine Hippie-Kommune waren die Skins sicherlich nie.
    Aber zwischen dem und Nazi ist ein großer Unterschied.

    >ich bin ja kein “linkes” Schwein ;-) <

    Was meinst Du damit?

  11. @Bernd
    Ja, natürlich hast Du recht…aber die “Skins”, die ich kennengelernt habe, waren alle Nazis.
    Ich glaube sehr viele von denen hatten gar keine Ahnung, was Oi-Skins sind, einige davon waren nicht sehr mit Intelligenz gesegnet. (Deshalb auch mein Beispiel eines “Skins”, der die BRD-Flagge an der Wand hängen hatte ;-))

    Mit “Ich bin ja kein “linkes” Schwein”…ist doppeldeutig, d.h ich war nicht “link” gegenüber einem Kumpel (zumal er auch später ausgestiegen ist), auch wenn er “von der anderen Seite” war…

    Aber das Links und Rechts hab’ ich natürlich schon lange hinter mich gelassen…der “Dogmatismus” in der Politik führt zu nichts und das gilt auch für die aktuelle Politik und Parteien…die Zeiten, in der alles in schwarz und weiß bzw. links und rechts eingeteilt werden konnte, sind vorbei…
    Wir brauchen keine Vorbilder mehr…keinen Marx, keinen Lenin, keine Rosa Luxemburg, keinen Adolf Hitler usw…

  12. @ Ralf

    Wenn ich nur schon den Namen A. H. lese, kriege ich einen Wutanfall, weshalb ich mich auch weigere, den Namen auszuschreiben. Was hat dieser Teufel der Menschheit für Unheil gebracht.

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