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Lichtarbeiter und die Kunst, den Verstand abzuschalten

| 7 Kommentare

Schön, dass die Blogosphäre keine Sommerpause kennt und täglich interessante Artikel geschrieben werden.

Heute bin ich bei dem Schweizer Journalisten und Sektenexperten Hugo Stamm fündig geworden.

Sein Blog ist vorwiegend religionskritisch, beschäftigt sich aber auch mit „Aberglaube“, „Scientology“ und „Esoterik“.

Der aktuelle Beitrag heißt „Die Selbstliebe der Esoteriker“.

Stamm bringt darin das zum Ausdruck, was auch der Spiegel-Kolumnistin Sibylle Berg schon mal sauer aufgestoßen ist:

Von Demut ist wenig zu spüren. Demütig sind viele Esoteriker vor allem sich selbst gegenüber.

Sie glauben, die geistige Elite zu sein, die den Aufstieg in die höheren kosmischen Sphären schafft und das neue Zeitalter begründet. Sie sehen sich als Lichtarbeiter, spirituelle Krieger, Beherrscher der übersinnlichen Energie und Vertreter der Aufgestiegenen Meister und Avatare. […]

Auch bei der Harmonie denken sie vor allem an sich. Harmonisch soll vor allem ihr exoterisches und esoterisches Leben sein. Ihre Energien sollen harmonisch schwingen, sie wollen nicht gestört werden von negativen Kräften der Aussenwelt.“

Erhellendes zu diesem Thema trägt auch Johannes Fischler mit seiner Buchneuerscheinung „New Cage“ bei:

Wie Esoterik die Köpfe leert und die Kassen füllt“

Eine Rezension gibt’s heute im Blog Chiemgau Gemseneier:

Der Autor versucht, die Gründe und Mechanismen dieses Trends aufzudecken. Dabei verbindet er Soziologie, Psychologie und Marketing zu einer sehr schlüssigen Argumentation.

Er zeigt, wie hier mit der Sehnsucht von Leuten gespielt wird, denen eine “Selbstoptimierung” in Aussicht gestellt wird, und gleichzeitig die Hoffnung auf Abgabe von Verantwortung. Eine Vorstellung, die so ja gar nicht funktionieren kann, da sich das gegenseitig ausschließt.

Fischler vergleicht die Protagonisten einer alten Esoterik, eines “Guru-ismus”, mit der Esoterik 2.0: Dort wird mit modernen Marketing- Methoden gearbeitet, angepasst an das Internetzeitalter, mit Sozialen Netzwerken, Coaches, Beratern, Spirituellen Führern und Wellness-Trainern, die dem Kunden eine in weiten Teilen von der Realität abgekoppelte Scheinwelt verkaufen. […]

Die Kunst, den Verstand abzuschalten, wird praktisch zur Prüfung für höhere Weihen!“

Zum Weiterlesen:

  • Die Selbstliebe der Esoteriker, Hugo-Stamm-Blog am 3. August 2013
  • Esoteriker sind unsympathisch, GWUP-Blog am 23. April 2011
  • Buchtipp: New cAge, Chiemgau Gemseneier am 3. August 2013
  • Buch: Wie Esoterik die Köpfe leert und die Kassen füllt, GWUP-Blog am 15. April 2013

7 Kommentare

  1. Tja, leider ist es so…der Verstand und der Glauben lassen sich nur sehr schwer vereinen…als Vehikel, kann die Philosophie dienen (was sagt unser 6-Semester-Philosophie-Student dazu :-))

    Die Philosophie kann ein „Gebäude“ – in intellektueller Sicht – dafür schaffen…

    aber die Frage ist die Evidenz, evidenzbasierende Theorien brauchen keinen „Gott“…ist „Gott“ ein Luxus, den sich (heutzutage) nur noch wenige leisten…

    sind die „Gläubigen“ wirklich „auserwählt“ und mit einem „besonderen Geist“ gesegnet?…

    muß man dafür den Verstand abschalten, oder reicht es den Verstand zu täuschen – ihm vorzugaukeln die Realität wäre so und nicht anders…

    und dazu ist unser Gehirn sehr gut in der Lage…uns etwas vorzutäuschen…

  2. Ich bin zwar offen für Meditation und Co. und auch für spirituelles, aber würde niemals auf eine Eso-Messe gehen und schaffe es nur schwer nicht mit dem Kopf zu schütteln wenn ich höre was viele Esos so ablassen. Mittlerweile er spare ich mir meine Kommentare da es in der Regel witzlos ist zu diskutieren.

    Was im verlinkten Blog aber nur halb stimmt:
    Ja, Esosmsind oft Ich-bezogen. Trotzdem kann nur der andere lieben und achten der sich selbst liebt und achtet.
    Hass auf die Welt ist Hass auf sich selbst

  3. Hallo,

    Dem Artikel kann ich nur zustimmen.
    Ich finde nur das Wort Selbstliebe in diesem zusammenhang unangebracht, denn das Gegenteil von Selbstliebe ist Egoismus.

    Für mich hat gelebte Selbstliebe sehr viel mit dem Umgang mit unseren Mitmenschen zu tun. Wenn ich es nötig habe, mich über andere zu stellen, fehlt es mir definitiv an Liebe zu mir selbst.

    Liebe Grüße
    Frank

  4. @Frank Vejvoda
    Selbstliebe als Gegenteil von Egoismus? Da muss ich was verpasst haben, ich hielt Egoismus und Selbstliebe immer für Synonyme.
    Was Du beschreibst ist meiner Meinung Selbstachtung (auch wenn ich nicht der Meinung bin, dass Egoismus ein Fehlen derselben, sondern eher eine Überhöhung ihrer, darstellt).

  5. Ehrlicher Egoismus ist kein Fehler. Wir sind alle Egoisten, nur die ehrlichen unter uns stehen auch dazu.

    Nervend sind nur jene verlogenen Egoisten, die so tun, als wären sie keine, aber gleichzeitig von Anderen verlangen, weniger auf sich selbst, dafür mehr auf sie zu schauen.

  6. Spannend und teils auch wahr. Sehe oft viele „Gurus“, die – so mein Gefühl – über den anderen stehen und teils echt schon ecklig sind. Aber das kann auch meine/unsere Wahrnehmung sein, da wir ja denken die sind so. Sind sie womöglich so…

    Zum Egoismus: Das Wort ist schon dreckig. Kaum einer verbindet positives damit. Dabei ist gesunder Egoismus gut und notwenig. Lese gerade das Buch „Die Kunst ein Egoist zu sein“ von Josef Kirschner – sehr geil und sehr zu empfehlen.

    Die Grundthese: „Wir sind alle Egoisten, aber nur wenige verstehen, das Beste für sich daraus zu machen.“

    Genau darum geht es: Mach dein Ding, leb dein Leben, verlass dich auf dich selbst, hilf dir, heile dich usw. und dann kannst/darfst du das auch bei anderen. Nach dem Motto: „Erst ich, dann die anderen“. Ja, ist egoistisch. Ja, ist gut.

    Wer jetzt denkt: „Ja, aber…“ belügt sich doch selbst… :)

  7. @ Valeria

    „Lese gerade das Buch “Die Kunst ein Egoist zu sein” von Josef Kirschner – sehr geil und sehr zu empfehlen.“

    „Sehr geil?“
    Find ich nicht.
    Als ich das Buch vor ca. 30 Jahren las, empfand ich es anders als Sie.

    Aber wer weiß – vielleicht hatte ich das Buch nicht „richtig“ verstanden.

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