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Hahnemann feiert Geburtstag – und die Skeptiker werfen eine Überdosis Globuli ein

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Wenn ich richtig gerechnet habe, wäre Homöopathie-Erfinder Samuel Hahnemann am kommenden Mittwoch (10. April) 258 Jahre alt geworden.

Unsere Huschi-Fuschi-Freunde rufen darob gleich wieder die „Internationale Woche der Homöopathie“ aus, die heuer unter dem schönen Motto steht:

Schicksalskrisen homöopathisch begleiten.“

Am 13. April zum Beispiel findet in Münster eine Veranstaltung zum Thema „Homöopathische Krebsbehandlung“ statt, bei der es nebenbei auch noch um anderen Schwachfug wie „Orgonenergie“ geht.

Angesichts dessen möchte man fürwahr niemandem das Schicksal wünschen, als schwerkranker Patient einem Homöopathen, „Alternativmediziner“ etc.pp. in die Hände zu fallen.

Die Folgen kann man unter anderem in dem Online-Portal „What’s the harm in homeopathy?“ nachlesen – jenes, über das Psiram schreibt:

 Nichts schadet nichts?” – Wer Euch mit diesem Bullshit das nächste Mal ankommt, dem haut Ihr diese Seite um die Ohren.

Da wird ganz kühl Protokoll geführt, was den armen Leuten geschieht, die den falschen Versprechungen der “sanften Alternative” Glauben geschenkt haben.

Was zum Beispiel Jaqueline Alderslade passiert ist: Ihr Homöopath riet ihr die Asthmamedikamente aufzugeben; sie erstickte. Oder Isabella Denley, deren Epilepsie sich ein Homöopath, ein Iridologe usw. annahmen. Sie starb mit dreizehn Monaten. Sarah Parkinson starb an Brustkrebs, den sie mit Homöopathie, Akupunktur und Geistheilung bekämpfen zu können glaubte.

Und so weiter, listenweise, für jede sanfte Alternative. Was ist also das sanfte Nichts, das heute von allen Dächern gepredigt wird? Bei Schnupfen und Unwohlsein – NICHTS. Bei schweren Krankheiten – LEBENSGEFAHR.“

Und weil das so ist, feiern auch die Wiener Skeptiker den Hahnemann-Geburtstag, und zwar mit einer 10:23-Aktion:

Nichts drin, nichts dran!“

Der Standard schreibt heute dazu:

Die Wiener Skeptiker werden hoch verdünnte Globuli mit Namen wie „Phosphorus“ (Phosphor), „Arsenicum“ (Arsen) und „Strychnos nux vomica“ (Brechnuss) einnehmen. Diese würden aber tatsächlich aus reinem Zucker bestehen. Das, was auf dem Etikett steht, sei in dem Mittel nicht enthalten, erklärt die GWUP.“

Die Aktion findet am Mittwoch (10. April) um 18 Uhr am Stock-im-Eisen-Platz beim Stephansdom statt.

Vor zwei Jahren sah das Ganze so aus:

Und wir sind gespannt, ob den Homöopathen endlich mal eine neue Ausrede gegen „10:23“ einfällt.

Bis dahin stellen wir fest, dass den Low Potentials die Deutungshoheit über ihre Zauberkügelchen zunehmend verloren geht. Einen erfreulich kritischen Artikel brachte gestern die Westdeutsche Zeitung.

Darin heißt es über den Erfinder der Unsinns-Methode:

Als Samuel Hahnemann, geboren 1755, im Jahr 1810 erstmals seine Heilslehre aufschrieb, glaubte die Medizin noch an einen Lebensgeist oder eine Lebenskraft, unverzichtbar für Empfindungen. Von Körperzellen, Viren, Bakterien oder einem Immunsystem wusste man nichts.

Man glaubte, Kranke reinigen zu müssen, durch Aderlässe, erzwungenen Durchfall und Erbrechen. Wunden brannte man mit kochendem Öl aus. Gegen diese brachialen Methoden wandte sich Hahnemann und suchte nach neuen Heilmethoden.

Seine Theorie, Ähnliches mit Ähnlichem zu heilen, ist nach Ansicht vieler Experten in der Wissenschaft widerlegt.“

Auch die Pro-Homöopathie-Leserkommentare unter dem heutigen Standard-Artikel sind von inhaltsloser Schlichtheit – und ohne Mühe zu widerlegen, etwa:

Nehmen sie bitte 2 Gruppen von Menschen mit akuter Lungenentzündung. Die eine lassen sie Amoxicillin schlucken (böse Big Pharma!), die andere Homöopathika.

Und dann wetten wir bitte um viel Geld, von welcher Gruppe am Schluss mehr Leute stehen.“

Zum Weiterlesen:

  • Wiener Skeptiker nehmen öffentliche „Massen-Überdosis“ Globuli, Kritisch gedacht am 6. April 2013
  • Hochverdünnte Argumente: Die Ausreden der Homöopathen nach der 10:23-Aktion, GWUP-Blog am 9. Februar 2011
  • Das war 10:23, GWUP-Blog am 6. Februar 2011
  • Was hat die GWUP gegen Homöopathie? GWUP-Blog am 1. Februar 2011
  • Warum Homöopathie zu wirken scheint, GWUP-Blog am 9. Oktober 2011
  • Homöopathie und Co.: „Bei mir wirkt es aber …“, GWUP-Blog am 18. Februar 2012
  • Wer heilt, hat Recht? GWUP-Blog am 31. August 2010
  • „Die Homöopathie-Lüge“: Ein Interview, GWUP-Blog am 23. Dezember 2012
  • Homöopathie: Das falsche Verschwörungsopfer, Evidenz-basierte Ansichten am 8. Januar 2011

 

9 Kommentare

  1. Was jeden vernunftbegabten Menschen stutzig machen sollte, dann ist es das, daß eine Person, der „Erfinder“ einer solchen bahnbrechenden „Medizin“ ist. Wissenschaftliche Erfindungen werden immer durch eine Vielzahl von Menschen gemacht. Auch die Relativitäts-Theorie ist nicht allein auf Einsteins Mist gewachsen. Ein schönes Zitat von ihm ist:

    Seit die Mathematiker über die Relativitätstheorie hergefallen sind, verstehe ich sie selbst nicht mehr.

    Die berühmten Gleichungen der Speziellen Relativitätstheorie heißen nicht umsonst Lorentz-Transformationen, da sie von dem Physiker Hendrik Antoon Lorentz stammen (hierbei handelt es sich nicht um den Mathematiker des Zitates).
    Das soll kein „Bashing“ von Albert Einstein sein, sondern ein Beispiel dafür sein, das an einem wissenschaftlichen Erfolg mehrere Menschen ihren Beitrag haben…

  2. @Ralf: Indeed.

    Deshalb ist der „skeptische“ Sprachgebrauch ja auch „Erfinder der Homöopathie“ – und nicht etwa „Entdecker“, wie seine Fans schreiben.

  3. Warum Zucker in den Globuli?…meiner Meinung nach kann das einen Placebo-Effekt verstärken, da mit Zucker eine positive Stimmung verbunden ist (was eine Grundvoraussetzung für einen Placebo-Effekt ist). Süß = Energie = gut. Die positive Wirkung von Schokolade ist eigentlich auch ein Placebo-Effekt.
    Es gibt aber auch (injizierte) Placebos mit einer Kochsalz-Lösung…aber das ist das Selbe in grün (Salz im Blut, hat eine große Bedeutung). Hab‘ jetzt mal schnell danach gegoogelt und keine konkrete Antwort bekommen…;-)

  4. Daß der Standard überhaupt die 10:23-Aktion ankündigt, ist schön. Daß man sich der indirekten Rede befleißigt und so en passant Wissenschaft als beliebige Meinung darstellt, nicht. Und daß dabei die Konjunktivformen durcheinandergeraten, bezeichnend.

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