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James-Bond-Spezial: Cold Reading Teil 3

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Fortsetzung von „James-Bond-Spezial: Cold Reading Teil 2

5. Fischen Sie nach Informationen.“

Ein Cold Reader, der sein Fach beherrscht, geht natürlich noch viel weiter. Um so schnell wie möglich zum Kern dessen vorzudringen, was ihn wirklich interessiert, stellt er auf der Grundlage seiner ersten Kategorisierung Hypothesen auf.

Überprüfen können Sie diese, indem Sie zunächst allgemeine Andeutungen zu verschiedenen Problemfeldern fallen lassen und die Reaktionen Ihres Gegenübers beobachten.

Zum Beispiel:

Ich habe das Gefühl, dass Sie sich vor einer Lüge verstecken.“

Oder:

 Sagen Sie mir, warum ich fühle, dass Sie besorgt sind.“

Ist die Reaktion positiv, wiederholten Sie das Gesagte als Aussage oder – noch besser – verbinden es zu einer schlüssigen Geschichte und servieren diese.

Meistens geht unser Gegenüber auf solche Mutmaßungen ein und bemerkt nicht, dass er selbst es war, der uns diese Auskünfte gegeben hat. Durch die Frageform bringen Sie Ihr Gegenüber auch dazu, sein Gedächtnis nach Ereignissen zu durchforsten, die zu Ihren Mutmaßungen passen.

Indem ein Cold Reader seine weiteren Aussagen an die Treffer anpassen, überzeugt er sein Gegenüber rasch davon, dass er Zugang zu seinen innersten Gedanken und Geheimnissen hat.

In „Im Angesicht des Todes“ beispielsweise bringt Bond den ehemaligen Nazi-Arzt Dr. Carl Mortner (der Bonds Gegner Max Zorin quasi „erschaffen“, nämlich biologisch-genetisch optimiert hat) dazu, eine aufschlussreiche Andeutung mehr zu machen, als ihm eigentlich lieb ist:

Bond: „Wie kommt es, dass Sie soviel Erfolg mit Pferden haben, die andere als minderwertig betrachten?“

Mortner: „Ja, erstmal ist die Auswahl der Pferde von Wichtigkeit. Aber noch viel wichtiger ist die Konditionierung und die Motivation.“

Bond: „Reden Sie jetzt von Menschen oder von Pferden?“

Mortner: „Meine Prinzipien treffen ebenso auf menschliche Wesen zu.“

In „Moonraker“ gelingt es Bond sogar, den gefürchteten „Beißer“ auf seine Seite zu ziehen, indem er seinen Widersacher Hugo Drax zu einer sehr unvorsichtigen Äußerung hinreißt:

Ich nehme an, jeder wird vernichtet, der ihrer Vorstellung von physischer Perfektion nicht entspricht“,

fragt Bond aufs Geradewohl.

Ganz in seinem Traum von einer neuen Superrasse gefangen, bestätigt Drax diese Vermutung – was seinem Leibwächter „Beißer“ mit Blick auf seine eher unscheinbare Freundin Dolly schwer zu denken gibt:

6. Hören Sie aufmerksam zu.“

Die meisten Menschen haben ein mehr oder weniger starkes Bedürfnis nach Aufmerksamkeit. Ein Experte lässt sein Gegenüber nach Herzenslust reden – und gibt ihm somit die Chance, sehr viel über sich zu verraten.

Schönes Beispiel: Bonds Annäherung an die KGB-Agentin Anya Amasova in „Der Spion, der mich liebte“:

Bond: „Kann ich vielleicht irgendetwas tun, um Sie aufzuwärmen?“

Amasova: „Sie sind viel zu besorgt um mich, Mr. Bond. Ich habe ein Überlebenstraining in Sibirien hinter mir.“

Bond: „Ja, ich glaube, das ist ein Nationalsport bei Ihnen. Was haben Sie denn dort gelernt?“

Amasova: „Dass es überaus wichtig ist, sich zu einer positiven Lebenseinstellung durchzuringen.“

Bond: „Und damit kommt man da durch?“

Amasova: „Die Verpflegung ist natürlich auch nicht unwichtig.“

Bond: „Und was noch?“

Amasova: „Wenn es nötig ist, das Austauschen körperlicher Wärme.“

Bond: „Das sagt mir sehr zu.“

Und so weiter, und so fort.

 7. Halten Sie eine Liste mit Allgemeinplätzen und bedeutungsschweren Aussagen parat.“

Großzügig eingestreute Phrasen lassen beim Cold Reading Ihre Deutung umfangreicher erscheinen und können auch als Pausenfüller dienen, während Sie nach präziseren Formulierungen suchen.

Das wirklich Erstaunliche daran ist freilich: Mit einer völlig allgemein gehaltenen Persönlichkeitsbeschreibung erreicht man in aller Regel ein überwältigendes Einverständnis. Ihr Gegenüber wird davon überzeugt sein, dass Sie seine wahre Natur ergründet haben.

Lernen Sie daher einige individuell klingende Sätze auswendig, die in Wirklichkeit Teil der allgemeinen menschlichen Erfahrung sind, etwa:

  •  „Sie sind eine sehr rücksichtsvolle Person und gehen gerne auf die Bedürfnisse anderer ein, aber es gibt Zeiten, wo Sie, wenn Sie ehrlich sind, eine egoistische Ader in sich erkennen. Ich würde sagen, insgesamt können Sie ein ziemlich ruhiger und selbstgenügsamer Typ sein, aber unter den richtigen Umständen können Sie eine Party auch ganz schön in Schwung halten, wenn Sie in Stimmung sind.“
  •  „Manchmal sind Sie zu ehrlich über ihre Gefühle und geben zu viel von sich preis. Sie sind gut darin, die Dinge konsequent durchzudenken, und Sie möchten gute Gründe haben, bevor Sie Ihre Meinung ändern. Wenn Sie sich in einer ungewohnten Situation befinden, sind Sie sehr vorsichtig, bis Sie genau verstehen, was los ist, und dann handeln Sie mit Zuversicht.

Wirkungsvolle Cold-Reading-Einzeiler sind zum Beispiel:

  •  „Zu Ihrem Vorteil werden Sie sich von etwas aus Ihrer Vergangenheit verabschieden müssen.“
  •  „Das größte Hindernis für Ihren Erfolg ist Ihre Ungeduld.“
  • „Ihre Intelligenz ist von einer anderen Art als die der meisten Menschen.“

Solche Sätze, die andere erst einmal aufhorchen lassen und zumeist weit ausholende Erwiderungen provozieren, setzt auch Bond immer wieder ein:

  • „Sagen Sie, Mr. No, entschädigt das Toppling (das Stören der Flugbahn) amerikanischer Raketen für den Verlust von zwei Händen?“(„James Bond 007 jagt Dr. No.“)
  • „Weltherrschaft. Immer wieder der alte Traum.“ („James Bond 007 jagt Dr. No“)
  •  „Wo kommen wir denn hin, wenn jeder ein Genie wäre.“ („James Bond 007 jagt Dr. No“)
  •  „Bis dass der Tod uns scheidet. Oder so ähnlich.“ (Leben und sterben lassen“)
  •  „Taten sagen mehr als Worte.“ („Octopussy“)

Zu Teil 4

Zum Weiterlesen:

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