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Astro-Geschwurbel

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Schon klar, auch Astrologen wollen mal originell sein.

„Gefunden“ habe er „nichts“ auf „verschiedenen, deutschsprachigen Skeptiker-Blogs“, greint da ein namenloser Autor der Astrologie-Zeitung – und zwar bei seiner Suche nach „inhaltlichen-kritischen Argumenten gegen das methodische System der Astrologie“.

Angeblich befassen sich „fast alle Artikel“ nur mit „den Aussagen und Prognosen verschiedenster Astrologen“:

Fast nie gibt es dabei Hinweise auf deren Ausbildung, Studium oder methodisches Vorgehen.“

(BTW: Der Autor meint zwar, Zitate aus seinem Beitrag dürften „nur nach Absprache“ verwendet werden, aber da liegt er leider falsch – wie mit so vielem.)

Nun ja.

Erstens stimmt die Behauptung gar nicht, dass „fast alle Artikel“ sich lediglich mit „Aussagen und Prognosen“ diverser Astrologen beschäftigen.

Wir empfehlen dem Autor zum Beispiel die Blog-Posts „Astrologie ist Unsinn“ oder „Astrologie ist immer noch Unsinn“ oder „Tag der Astrologie 2012“ oder „Hoimar von Ditfurth über Astrologie“, um nur mal ein paar wenige zu nennen.

Eventuell hätte der Autor auch noch die englischsprachige Blogosphäre mit einbeziehen können, etwa Bad Astronomy.

Und zweitens: Was sollen „Hinweise“ auf „Ausbildung, Studium oder methodisches Vorgehen“ von Astrologen bringen?

Nichts, solange es keinerlei nachvollziehbaren Kriterien dafür gibt, was ein „seriöser Astrologe“ denn eigentlich sein soll.

Dafür fordert der Astro-Autor von den Skeptikern einen Beweis, dass Astrologie nicht funktioniert.

Nette Idee, aber auf Kindergarten-Niveau. Weshalb, erklärt anschaulich der Video-Blogger Jörg Wipplinger:

Erwarten Sie keine Gegenbeweise, wenn keine Beweise vorliegen.“

Vollends albern wird’s dann, wenn der Autor die „wichtigste“ Prämisse der Astrologie so zusammenfasst:

Die Bewegungen der Planeten, einschließlich der Erde, haben direkte und beobachtbare Auswirkungen auf das Leben ALLER Menschen. Unabhängig davon, ob sie daran glauben oder nicht.“

Und dafür ernsthaft – als „Wettbewerb“ – einen „wissenschaftlichen Gegenbeweis“ von den Astrologie-Kritikern fordert.

Dabei wirft der Autor mal eben so „Sonnenaktivität“ und „Sonneneinfluss“ zwangslos durcheinander (macht „Goldenes-Brett“-Finalist Dieter Broers übrigens auch), schwurbelt etwas von Ebbe und Flut, den Jahreszeiten und „unterschiedlichen Tageslängen“ – und bleibt jede Erläuterung schuldig, warum all das ein Beweis für die Astrologie sein soll?

Die physikalischen Charakteristika der Planeten und Tierkreissternbilder wie Größe, Masse, Spektraltyp, Leuchtkraft, Entfernung etc. spielen in der Astrologie überhaupt keine Rolle.

Natürlich erhält die Sonne als Energiequelle das Leben auf der Erde, selbstredend wirkt der Mond in den Gezeiten mit – aber auf eine kausal erklärbare Weise.

Astrologen dagegen konstruieren einen Zusammenhang zwischen der Gesamtsymbolik eines Horoskops und einem Geschehen auf der Erde beziehungsweise einem Individuum.

Welcher Art aber dieser „kosmische Auslöse-Reiz“, Impuls oder diese Signalübertragung sein soll, welche wie auch immer geartete Kraft da wirken soll, bleibt völlig nebulös.

Was also …

… bitte spricht denn gegen ein funktionales Modell Astrologie?“

So ziemlich alles.

Schlicht gesagt:

All unser naturwissenschaftliches Wissen weist darauf hin, dass der Einfluss physischer Objekte wie Sterne und Planeten nicht einfach die chemisch-biologisch-neurophysiologischen Ebenen überspringen können und deshalb auch nicht direkt auf Charakterqualitäten wie Mut, Tapferkeit, Abenteuerlust einwirken können.“

Der Wissenschaftstheoretiker Prof. Bernulf Kanitscheider vom GWUP-Wissenschaftsrat führt dies noch weiter aus:

Diese „Schicksalsstrahlung“ (S-Strahlung) muss von besonderer Art sein.

Da die Planeten immer wirken, auch wenn sie nicht am Himmel stehen, muss die S-Strahlung durch gewöhnliche Materie unabschirmbar sein. Dies kann primär nicht für einen Einwand ausgenützt werden, da zum Beispiel auch Neutrinos völlig ungehindert die Erde durchdringen, allerdings indirekt nachweisbar sind.

So müsste auch die S-Strahlung, selbst wenn sie rein spiritueller Natur wäre, sich irgendwie empirisch manifestieren, das heißt ihre geistigen Wirkungen müssten aufweisbar sein.

Wenn man nicht von einem dogmatischen Materialismus ausgeht, lässt sich kaum ein logisches A-priori-Argument gegen spirituelle S-Strahlung bringen, jedoch sollte sich diese geistige Wechselwirkung auch unabhängig prüfen lassen.

So müsste die Erde, die ja vermutlich für Horoskope von Ereignissen auf den anderen Planeten auch von Relevanz ist, als Quelle von S-Strahlen angenommen werden. Damit sollten die S-Strahlen auch in terrestrischen Experimenten feststellbar sein, wenn sie geistiger Natur sind – natürlich mit entsprechenden psychophysischen Methoden.

Solange dies nicht der Fall ist, ist es eine vorläufige plausible Annahme, dass es solche Strahlung nicht gibt und dass wir die physikalischen Einwirkungen der Sterne relativ vollständig kennen.“

Konkret:

Keine der vier bekannten Grundkräfte (Gravitation, Elektromagnetismus, starke und schwache Wechselwirkung/Radioaktivität) ist in der Lage, die komplexe Struktur der menschlichen Erbanlagen beziehungsweise Charakter und Wesenszüge zu formen oder auch nur zu beeinflussen. Planeten sind nicht elektrisch geladen, können daher keine weit reichenden Wirkungen ausüben.

  • Das von ihnen ausgehende elektromagnetische Signal – also das Licht, das wir sehen –, kommt (neben vielen anderen Gründen) nicht in Frage, weil nach astrologischer Lehre auch die Planeten wirken sollen, die zum Geburtszeitpunkt unter dem Horizont stehen, als gar nicht gesehen werden können.
  • Die Gravitationswirkung ist viel zu klein und unspezifisch. Die Anziehungskraft zwischen einem Säugling und der im Kreissaal anwesenden Hebamme ist rund eine Million Mal größer als die Gravitation der Planeten unseres Sonnensystems – denn die Anziehung hängt vom Abstand zwischen zwei Massen ab und sinkt drastisch mit der Entfernung der beiden Objekte.
  • Die so genannte starke und schwache Wechselwirkung regelt die Verhältnisse in den Atomkernen; sie wirkt jedoch nur auf ganz kurze Entfernungen, sozusagen nur, wenn die Elementarteilchen sich fast berühren.
  • Was darüber hinaus noch bleibt, ist allenfalls die sehr energiereiche Höhenstrahlung, die von kollabierenden Sternen kommt. Diese zeichnete im Laufe der Evolution möglicherweise für so manche Mutation verantwortlich – allerdings völlig ungerichtet und somit ungeeignet für astrologische Ordnungssysteme und Vorhersagemethoden gleich welcher Art.

Zusammengefasst bedeutet das:

Kein „kosmischer Reiz“ wirkt sich mit geradezu gesetzmäßiger Notwendigkeit auf das zukünftige menschliche Schicksal oder auf unsere Wesenszüge aus.

Zumal sich die genetischen Dispositionen von der befruchteten Eizelle bis zur Geburt stetig realisieren und die Geburt keinen grundsätzlichen Einschnitt in der Entwicklung der Charaktermerkmale darstellt.

Der besagte Astro-Autor überschreibt seinen Beitrag mit „Nichts als Geschwurbel“.

Stimmt.

Zum Weiterlesen:

  • Geister, Gothics, Gabelbieger: 66 Antworten auf Fragwürdiges aus Esoterik und Okkultismus, Alibri-Verlag, Aschaffenburg 2005
  • QED oder Wenn der Weihnachtsmann mit dem Sockenmonster zweimal klingelt, Wahrsagerchecks-Blog am 5. September 2012
  • Wissenschaft versus Astrologie, GWUP-Blog am 2. Januar 2012
  • „Die Akte Astrologie“ – Dilettantische Arbeit, GWUP-Blog am 8. Januar 2011
  • Akte Astrologie – geschlossen, GWUP-Blog am 2. Dezember 2009

 

 

 

 

5 Kommentare

  1. und neben der naturwissenschaftlichen Betrachtung, spricht auch die psychologische Forschung von einem Desaster für die Astrologie:
    Guter Überblick und empfehlenswerte Einführung:
    Hergovich, A. (2005). Die Psychologie der Astrologie. Bern: Huber.

  2. Wie immer ist es recht müßig, einen postulierten Mechanismus zu beweisen oder zu widerlegen, solange nicht einmal gesichert ist, dass das Phänomen überhaupt existiert. Und letzteres kann man auch prüfen, ohne überhaupt an einen bestimmten Mechanismus zu denken.

    Im Fall der Astrologie müsste man also zuerst prüfen, ob diese überhaupt spezifische (und damit brauchbare) Vorhersagen mit einer signifikanten Wahrscheinlichkeit treffen kann. Schon an dieser Hürde scheitert die Astrologie grandios. Jeden Gedanken um Naturkräfte, Ausbildung und Methoden kann man sich an dieser Stelle schon schenken.

    Astrologen müssen zwangsläufig mit der Umkehr der Beweislast (s. Link) arbeiten, weil sie selbst nichts konkretes vorzuweisen haben.

  3. Im Fall der Astrologie müsste man also zuerst prüfen, ob diese überhaupt spezifische (und damit brauchbare) Vorhersagen mit einer signifikanten Wahrscheinlichkeit treffen kann.

    Kann sie doch, für die Bestimmung der Extro,-Introversion, wozu ein Psychologe oder Wissenschaftler spezifische Fragebögen verwenden muss, benötigt ein guter Astrologe nur das Geburtsdatum.

    Schon an dieser Hürde scheitert die Astrologie grandios.

    „Nicht die Astrologie scheitert hier, hier scheitern Menschen die sich mit Astrologie nicht auskennen und sich Astrologe/in schimpfen.

    Jeden Gedanken um Naturkräfte, Ausbildung und Methoden kann man sich an dieser Stelle schon schenken.

    „Ja verständlich, wenn ein angeblich seriöser und intelligenter Wissenschaftler mit physikalischen Argumenten daher kommt.
    Das Astrologen Planeten nur als Metapher für die nicht wissenschaftliche erklärbare Sonneneinwirkung auf die Biologie des Menschen verwenden, ist wohl für die Wissenschaft zu Hoch?.“

    Astrologen müssen zwangsläufig mit der Umkehr der Beweislast (s. Link) arbeiten, weil sie selbst nichts konkretes vorzuweisen haben.

    Was hat denn ein Wissenschaftler vorzuweisen? Doch nur die bestätigung einer Theorie eines Kollegen.

    Astrologen gehen da nicht anders vor, sie bejubeln sich selbst, egal wie hirnrissig ihre Theorie auch ist.

    Astrologie ist nachweisbar, wenn man den seriösen Unterschied zwischen einer Deutung und einer Tatsachenbehauptung, denn auch als solche behandelt.

    Ich stelle hier die Behauptung auf das ein Astrologe (Astroprofiler) jedem Psychologen hinsichtlich der Bestimmung zur Extro,-Introversion überlegen ist und das Haushoch.

  4. Ein großer Fehler, den die Astrologie begeht ist, ist der Gedanke, daß das Leben erst mit der Geburt beginnt (so dachte man halt im Mittelalter)…Die Astrologie müsste den Zeitpunkt der Befruchtung der Eizelle durch das Spermium als „Geburtszeitpunkt“ annehmen – aber wer weiß das schon und vor allem: Wer will das wissen? Wann seine Eltern den entscheidenden Geschlechtsverkehr hatten? – Ich nicht… ;-)

  5. @BluePapillon

    Ich stelle hier die Behauptung auf das ein Astrologe (Astroprofiler) jedem Psychologen hinsichtlich der Bestimmung zur Extro,-Introversion überlegen ist und das Haushoch.

    Eine sehr gewagte Behauptung – die übrigens bereits getestet wurde. Nachzulesen hier: http://www.imprint.co.uk/pdf/Dean.pdf auf den Seiten 17 ff.

    Ergebnis: Die Astrologen waren genauso gut wie der gute alte Münzwurf!
    Außerdem: Die Astrologen waren sich untereinander völlig uneinig …

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