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Teufel oder Aliens: Wer macht die Kornkreise?

| 7 Kommentare

Während Bayern 1 sich darin gefällt, Nonsens-Abstimmungen zu veranstalten („Was steckt hinter den Kornkreisen?“), hat der Volkskundler Dr. Stephan Bachter vom GWUP-Wissenschaftsrat uns diese Zeichnung von 1678 zugeschickt:

Sie zeigt einen Kornkreis, der von einem „Mäh-Teufel“ angelegt wird.

Dieser bestraft einen geizigen Bauern, und zwar dergestalt,

… dass der Teufel, oder ein infernalischer Geist, den Weizen so akkurat gemäht hatte, wie kein sterblicher Mensch es jemals zuwege brächte.”

Offenkundig sind Kornkreise, wie sie derzeit bei Andechs für Schlagzeilen sorgen, kein neues Phänomen – sondern Teil einer uralten Überlieferung.

Und anscheinend gibt jede Epoche der natürlichen Erscheinung „Kornkreise“ (= umgelegte Zeilen im reifen Korn) eine übernatürliche Erklärung, die ihrer kulturellen Prägung entspricht.

Damals waren das der Teufel oder Dämonen oder Korngeister wie der „Bilwis“.

Heute haben wir es mit raumfahrenden Aliens zu tun.

Und mit der Tatsache, dass seit Ende der 1970er-Jahre die meisten Kornkreise von irdischen Landart-Künstlern angelegt werden.

Mehr noch:

At least it has moved from the level of mere hoaxing – a form of graffiti on the blank wall of southern England – to represent an impressive genre of outdoor art”,

schreibt der CSI-Falluntersucher Dr. Joe Nickell in einem „Special Report“ zum Thema Kornkreise.

Rund 3500 Kornkreise („cropcircles“) in 45 Ländern will das Magazin 2000plus (Nr. 176/2002) seit den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts gezählt haben. Und bis zum Kinostart von „Signs“ glaubten nur noch ganz eingefleischte „Croppies“ (oder „Cerealogen“) an einen intergalaktischen Fingerzeig:

Denn immer wieder demonstrierten jugendliche oder auch jung gebliebene Scherzbolde wie die beiden berühmten englischen „Korn-Greise“ Douglas Bower und David Chorley (in der Szene fortan als die fitten Ruheständler „Doug&Dave“ berüchtigt), dass sie auch komplexe Piktogramme schnell und ungesehen ins Getreide trampeln können – sogar mit diversen „Anomalien“, da frühzeitig umgelegtes, noch elastisches Getreide in der Lage ist, sich an Knotenstellen (eine Art pflanzliches Gelenk) wieder aufzurichten:

 Zwei Mitglieder der Forschungsgemeinschaft Kornkreise (FGK) schrieben dazu im Skeptiker:

 Dies erklärt die Biegung von Halmen in der Mitte oder nach zwei Dritteln der Halme beziehungsweise den Umstand von gebogenen Halmen allgemein. Durch Umlegeversuche erkannte man, dass sich – je nachdem, ob Getreide in Kreisbahnen von Außen nach Innen oder umgekehrt umgelegt wurde – spezifische Halmlagen, Verdrillungen und Muster ergaben.“

Widerwillig gaben gläubige Kornkreis-Enthusiasten zunächst zu, dass es sich bei „zehn Prozent“ der pittoresken geometrischen Muster um menschengemachtes Landschafts-Graffiti handeln könnte. Dann waren es plötzlich „50 Prozent“ und schließlich sogar „80 Prozent“.

Heute erscheint es hinreichend sinnlos, sich näher mit dem Phänomen zu befassen, da die Croppies keine Kriterien mehr benennen können, nach denen „echte“ und „falsche“ Kornkreise voneinander zu unterscheiden wären.

Im Herbst 2002 etwa berichteten deutsche Tageszeitungen von „unerklärlichen Siliziumfragmenten“ in einem Kornkreis bei Schönwalde. Aber das Silizium war per Hand ausgestreut worden, und das grafische Vorbild für ihr ästhetisch eindrucksvolles Piktogramm hatten sich die Faker von einer Salami-Pizza abgeschaut („Pizza-Kornkreis“).

Betrachtet man den aktuellen Hype um die Andechs-Kreise und das „Channel-Medium“ Gaby, dann kann man den beiden kritischen Autoren Harald Hoos und Florian Brunner („Kornkreise – Rätsel in mystischer Landschaft“) nur zustimmen:

Das wahre Phänomen zeigt sich nicht in seiner Entstehung, sondern in der Wirkung der Kreise.“

Zum Weiterlesen:

  • GWUP-Thema: Kornkreise
  • Was es mit Kornkreisen auf sich hat, Süddeutsche vom 12. September 2002
  • „Kornkreise“ bei Psiram/Esowatch

7 Kommentare

  1. kann herr bachter das das nächste mal nicht ganz so schief einscannen ? :-)

  2. Künstlerische Kornkreise sind immer menschengemacht. Wie das geht, kann man sich auch in einem Youtube-Video anschauen:

    http://nesselsetzer.wordpress.com/2012/08/12/der-kornkreis-unfug/

  3. @Catio:

    Klar ist „Kunst“ immer „von Menschen gemacht“ – Du redest also von weißen Schimmeln.

    Viel mehr würde mich interessieren, wo die „nicht künstlerischen“ Kornkreise herkommen?

  4. @Langenbahn

    Ich zitiere mich mal selbst: „Im Gegensatz zu manche natürlichen Erscheinungen wie Hexenringe oder durch geologische oder meteorologische Ursachen entstandene Symmetrien sind künstlerisch gestaltete Kornkreise stets menschlicher Natur.“ Link dazu steht in meinem vorherigen Kommentar. Das heisst, es kann auch durchaus symmetrisch umgefallenes Getreide aus meteorologischen Gründen geben. Das sehe ich im Sommer häufiger und manchmal ist auch ein Kreis aufgrund eines Minitornados dabei. Sobald jedoch die Formen symmetrisch und kompliziert werden, waren es stets menschliche Scherzbolde.

  5. Sofern es „nicht von Menschen gemachte Kornkreise“ überhaupt gibt: Betrachte ich die Felder in meiner Umgebung, sehe ich immer wieder charakteristische, flachgelegte Flächen, wenn sie auch selten kreisförmig sind. Regen, Wind und sonstiges Wetter zeichnen dafür verantwortlich. Durchaus denkbar, das solche Flächen auch einmal besonders eindrucksvolle Formen annehmen – nach heutigen Kornkreisstandards wären die sicher nicht so dolle, aber diverse künstlerisch veranlagte Menschen haben die Latte inzwischen ja auch ziemlich hochgelegt.

    Abgesehen davon – ich wäre nicht verwundert, wenn es auch schon früher Witzbolde mit kreativer Ader gegeben hätte, die sich am Korn der Nachbarn vergriffen… Humor ist ja keine Erfindung des 20/21 Jh.

  6. <<… dass der Teufel, oder ein infernalischer Geist, den Weizen so akkurat gemäht hatte, wie kein sterblicher Mensch es jemals zuwege brächte.”<<
    Wusste ich es doch…in meinem Rasenmäher wohnt ein Dämon…LOL

  7. Schimpft nicht so auf den BR, immerhin haben sie den Harald Hoos ausgiebig zu Wort kommen lassen, während das Trebuch-Interview relativ schnell beendet wurde.

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