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Turiner Grabtuch reloaded

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Nun soll’s also Giotto gewesen sein. Der italienische Maler und Wegbereiter der Renaissance (1266-1337) als Schöpfer des Leinens, das als Turiner Grabtuch Millionen von Gläubigen anzieht, wie zuletzt im Frühjahr 2010.

  • Dass das Teil ein mittelalterliches Kunstwerk ist und auf dem Gewebe typische Künstlerpigmente der damaligen Epoche nachgewiesen wurden,
  • und dass sich mit einer einfachen Methode ein Replikat des geheimnisvollen Abbildes anfertigen lässt, …

… diese und viele weitere Argumente halten dennoch einige Forscher nicht von wilden Spekulationen ab. Auch wenn dafür schon mal dubiose Pollenproben, bislang unbekannte Naturkräfte oder sogar ein schlichtes Wunder bemüht werden müssen.

In eine andere Richtung geht eine neue Grabtuch-These. Der Kunsthistoriker Luciano Buso will auf dem Stoff Giottos Unterschrift und verschiedene Varianten der Zahl 15 entdeckt haben. Letztere weist nach seiner Ansicht auf das Jahr 1315 hin. In jenem Jahr habe der Maler den Auftrag bekommen, eine genaue Kopie des originalen Grabtuchs anzufertigen, das im Laufe der Jahrhunderte starke Beschädigungen davongetragen habe.

Und diese Kopie wird – genau! – bis heute im Turiner Dom aufbewahrt. So weit jedenfalls Luciano Buso. Zugegeben, die These hat was, verbindet sie doch gekonnt die wissenschaftliche Datierung des Tuches auf das frühe 14. Jahrhundert mit diesem unwiderstehlichen Hauch von Mystik. Ungefähr so: Irgendwann einmal hat es ein echtes Grabtuch Christi gegeben, auf dem der Heiland den Schatten seiner irdischen Hülle zurückgelassen hat…

Nüchterner geht  Amardeo Sarma an die Sache heran. Aus jahrzehntelanger Beschäftigung mit dem geheimnisvollen Leinen kennt der GWUP-Vorsitzende die Gegenargumente aus dem ff. Wie das von Prof. Bruno Barberis. Der bleibt als Direktor des Internationalen Zentrums für Sindonologie zwar in einigen Fragen hinter dem Stand der Forschung zurück.  Dennoch weist Barberis in der britischen Zeitung Daily Telegraph auf eine häufige Fehlerquelle von Grabtuch-Interpreten hin:

Es gibt eine lange Reihe von Gelehrten, die auf vergrößterten Abbildungen des Tuchs alle möglichen Dinge entdeckt haben wollten – eine Dornenkrone etwa oder aramäische, griechische bzw. lateinische Wörter. Es ist, als schaue man in den Mond und glaube dort Augen, Nase und Mund zu erkennen.

Womit wir beim Thema Wahrnehmungstäuschungen angelangt sind, dem ureigenen Revier des turmdersinne. Die Nürnberger Einrichtung widmet in in diesen Wochen eine ganze Veranstaltungsreihe dem Spannungsfeld zwischen Pseudowissenschaft und Skepsis. „Außer Sinnen“ heißt die Reihe, die der turmdersinne in Kooperation mit dem Nicolaus-Copernicus-Planetarium organisiert hat. Amardeo Sarma ist dort  am, Mittwoch, 22. Juni 2011 zu Gast – natürlich mit einem Vortrag über das Turiner Grabtuch.

22.06.2011, 19.00 Uhr

Amardeo Sarma: Das Turiner Grabtuch
Die Geschichte eines Klärungsprozesses im 20. Jahrhundert zwischen Wunder und Wissenschaft

Nicolaus-Copernicus-Planetarium, Am Plärrer 41, 90429 Nürnberg
Eintritt: 7 Euro (erm. 5 Euro), Gesamtreihe „Außer Sinnen“ 28 Euro (keine Erm.)

Das komplette Programm finden Sie hier.
Online-Anmeldung beim BZ Nürnberg, Kurs-Nr. 00877

Links:

Zum Weiterlesen:

  • Sarma, A. (2000): Ein Tuch mit sieben Siegeln? Das Turiner Grabtuch als Forschungsgegenstand. Skeptiker 2/2000.
  • Sarma, A. (2006): Grabtuch-Forscher auf der falschen Fährte. Skeptiker 1/2006.

Autor: Inge Hüsgen

Redaktionsleiterin Skeptiker - Zeitschrift für Wissenschaft und kritisches Denken

5 Kommentare

  1. Klar, die Bibel ist ja auch nicht das echte Wort Gottes, sondern eine Kopie, die Menschen irgendwann im Mittelalter anhand des damals noch vorhandenen, jedoch stark lädierten Originals anfertigten.
    Und der Papst ist nur eine Kopie von Petrus, der irgendwann das Zeitliche segnete, so dass ein neuer Stellvertreter gefunden werden musste. Ist eigentlich Gott selbst noch das Original?

  2. @Ingo: christianity, moving the goalposts for 2000 years.

  3. Schlimm, welch ein Geschiss gemacht werden muss um einen alten Lappen, weil es Leute gibt, die glauben eine Sagengestalt sei drin eingewickelt gewesen.
    Bei mir käme das Ding in die Restmülltonne.

  4. @Ingo Leschnewsky
    Du hast die Grundprinzipien der Wissenschaft immer noch nicht verstanden, wahrscheinlich schaffst Du das nie. Also die benutzte Bibel ist nich das echte Wort Gottes. Dazu 2 Fragen:

    1) wer kennt das echts Wort Gottes, wer hat es und gibt es an den Rest aller Religioten weiter, wer nutzt es und wer zitiert daraus lustig drauf los an allen Theologen vorbei.

    2) Was für ein Wort Gottes nutzt der Rest der gläubigen Idoten, die alle nur auf ein dämliches Plagiat reingefallen sind

    Ist das geklärt, dann gewinnt Deine Aussage den Status „sicher zum Nachdenken“, wenn nicht bleibt der Status „dämliches Geschwurbel“ bestehen

  5. Es gibt die C-14 Datierung von 3 unabhängigen Instituten (USA, UK, Schweiz), die eine Herstellung um 1300 n.C. bei max 50 Jahren Fehlergrenze nachweisen. Gleichyeitig stehen die „Blutpigmente“ aus Eisenoxyt, einem üblichen Rotfabstoff der
    Zeit.

    Das sind sichere Beweise genug, das Tuch als Fälschung zu klassifizieren. Die Gegenseite hat nich einen einzigen Beweis, der einer Nachprüfung standhält. Diese Gegenseit besteht mehrheitlich sogar aus Vollidioten, die z.B. auch die Verunreinigung der C-14 angeprangert haben. Verunreinigte Proben würde in der C-14 Analyse ein viel jüngeres Datum erbringen, beispielsweise das Jahr 1600 n.C. Soviel zur Intelligenz der Wunderapologeten.

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