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Auf Geisterjagd mit Heinrich Heine

| 2 Kommentare

Ganze fünf Seiten gibt die Redaktion von P.M. Fragen & Antworten im März-Heft aus, um die Existenz von Geistern zumindest offen zu halten – durchsetzt mit pseudorhetorischen Fragen a la:

Elektronen können sich durch das ganze Universum ohne jede Verbindung gegenseitig beeinflussen. Warum soll das nicht auch mit der menschlichen Psyche möglich sein?

Nun ja – vielleicht weil Menschen keine Elementarteilchen sind, sondern eine Ansammlung davon. Und die verhält sich eben ganz anders.

Egal, denn der ständige Transfer von vermeintlichen Rätseln und Mysterien quer durchs gesamte P.M.-Portfolio und wieder zurück ist in erster Linie nur noch eins: langweilig.

Derzeit titeln die verschiedenen P.M.-Ableger wie folgt:

  • „Rätselhafte Phänomene“ (P.M. Perspektive)
  • „Das Rätsel des Sphinx“ (P.M. History)
  • „Das geheime Wissen unserer Seele“ (P.M.)
  • „Geister – Gibt es sie doch?“ (P.M. Fragen & Antworten)

Der „Zwang zum Geheimnis“, über den wir an dieser Stelle schon mal berichtet haben, nimmt anscheinend pathologische Züge an. Und was die Sache vollends unfreiwillig komisch macht: Vom P.M. Biografie-Cover prangt uns Albert Einstein entgegen. Unterzeile: „Warum kluge Köpfe immer wichtiger werden.“

Dabei lässt sich der gesamte Inhalt des Fünfseiters „Geister – Gibt es sie doch?“ in einem Satz zusammenfassen. Nämlich in jenem leicht verunglückten Statement, das eine Gruppe jugendlicher „Ghosthunter“ dieser Tage dem SZ-Magazin jetzt zum Abschluss einer launigen Reportage gegeben hat:

Wir können nicht vollkommen ausschließen, dass an der Kapelle im Ebersberger Forst keine paranormalen Aktivitäten vorkommen.“

Vermutlich ist dem Sprecher des „Ghosthunterteams Bayern“ sein Denkdreher gar nicht bewusst.

Darauf kann man eigentlich nur noch mit jener kurzen, selbstironischen Episode aus Heinrich Heines „Harzreise“ antworten, in welcher der Erzähler mit dem Geist des verstorbenen Dr. Saul Ascher über den Gespensterglauben sinniert:

Es gibt nichts Unheimlicheres, als wenn man bei Mondschein das eigene Gesicht zufällig im Spiegel sieht.

In demselben Augenblicke schlug eine schwerfällige, gähnende Glocke, und zwar so lang und langsam, dass ich nach dem zwölften Glockenschlage sicher glaubte, es seien unterdessen volle zwölf Stunden verflossen, und es müsste wieder von vorn anfangen, Zwölf zu schlagen. Zwischen dem vorletzten und letzten Glockenschlage schlug noch eine andere Uhr, sehr rasch, fast keifend gell, und vielleicht ärgerlich über die Langsamkeit ihrer Frau Gevatterin.

Als beide eiserne Zungen schwiegen und tiefe Totenstille im ganzen Hause herrschte, war es mir plötzlich, als hörte ich auf dem Korridor vor meinem Zimmer etwas schlottern und schlappen, wie der unsichere Gang eines alten Mannes. Endlich öffnete sich meine Tür, und langsam trat herein der verstorbene Doktor Saul Ascher.

Ein kaltes Fieber rieselte mir durch Mark und Bein, ich zitterte wie Espenlaub, und kaum wagte ich das Gespenst anzusehen. Er sah aus wie sonst, derselbe transcendentalgraue Leibrock, dieselben abstrakten Beine, und dasselbe mathematische Gesicht; nur war dieses etwas gelblicher als sonst, auch der Mund, der sonst zwei Winkel von 22 1/2 Grad bildete, war zusammengekniffen, und die Augenkreise hatten einen größeren Radius.

Schwankend und wie sonst sich auf sein spanisches Röhrchen stützend, näherte er sich mir, und in seinem gewöhnlichen mundfaulen Dialekte sprach er freundlich: »Fürchten Sie sich nicht und glauben Sie nicht, dass ich ein Gespenst sei. Es ist Täuschung Ihrer Phantasie, wenn Sie mich als Gespenst zu sehen glauben. Was ist ein Gespenst? Geben Sie mir eine Definition? Deducieren Sie mir die Bedingungen der Möglichkeit eines Gespenstes? In welchem vernünftigen Zusammenhang stände eine solche Erscheinung mit der Vernunft? Die Vernunft, ich sage die Vernunft.«

Und nun schritt das Gespenst zu einer Analyse der Vernunft, zitierte Kants »Kritik der reinen Vernunft«, zweiter Teil, erster Abschnitt, zweites Buch, drittes Hauptstück, die Unterscheidung von Phänomena und Noumena, konstruierte alsdann den problematischen Gespensterglauben, setzte einen Syllogismus auf den andern, und schloss mit dem logischen Beweise, dass es durchaus keine Gespenster gibt.

Mir unterdessen lief der kalte Schweiß über den Rücken, meine Zähne klapperten wie Kastagnetten, aus Seelenangst nickte ich unbedingte Zustimmung bei jedem Satz, womit der spukende Doktor die Absurdität aller Gespensterfurcht bewies, und derselbe demonstrierte so eifrig, dass er einmal in der Zerstreuung, statt seiner goldnen Uhr, eine Handvoll Würmer aus der Uhrtasche zog, und, seinen Irrtum bemerkend, mit possierlich ängstlicher Hastigkeit wieder einsteckte.

»Die Vernunft ist das höchste –« da schlug die Glocke Eins, und das Gespenst verschwand.“

Zum Weiterlesen:

  • „Ist da was?“ – Geisterjäger in Bayern, Skeptiker 4/2009
  • Geisterstimmen und Electronic Voice Phenomena, GWUP-Blog am 4. November 2009

2 Kommentare

  1. Hallo,

    als erstes fällt mir auf, daß ihr zwar sehr viel „Wissenschaft“ im Munde führt, aber nirgendwo wissenschaftliche Texte zu lesen sind, vielmehr liefert ihr quasireligiöse Statements ab, die das „Übersinnliche“ zurückweisen sollen, weil das „vernünftig“ ist.

    Ich halte euch für voreingenommen. Mehr noch: Da ihr nicht rechnet, keine Kosmologie vorlegen könnt, die zum Beispiel „übersinnliche“ Erscheinungen sicher ausschließen, für religiös. Nennt sich der Glaube nicht sogar Positivismus?

    Das rein technische Problem mit Geistererscheinungen ist dessen Spontanität. Ich habe im Zusammenhang mit dem Tode meines Vaters reale Geisterstimmen aufgenommen. Zweitens: Es gibt Menschen, die leiden an sogenannten psychotischen Störungen und hören Stimmen, die man als Nichtbetroffener nicht wahrnehmen kann. Anstatt sich nun zu überlegen, wie das physikalisch geht, unter der Annahme, daß man nach den Tode in einer uns jetzt nicht erfahrbaren Weise weiterexistiert, spiegelt ihr euch nur vor, daß es das alles nicht geben würde. Wie der Kritiker, der die Erde für eine Scheibe hält, weil man von einer Kugel ja herunterfallen müßte. Q.e.d.

    Grundsätzlich würde ich vermuten, daß diese Welt einfach zu kompliziert für euch ist, weswegen ihr mit einfachen Erklärungen stets zufrieden seid.

    Ach ja, und schon mal darüber nachgedacht, daß auch die UFOs, also die fliegenden Untertassen, nichts weiter als Vorläufer unserer heutigen Hubschrauber gewesen sein könnten? Also nix vom fremden Stern? Es müssen nicht alles Idioten gewesen sein, die sowas in Roswell sichteten. Dort wurden nämlich neuartige Fluggeräte getestet.

    Ach ja, und dann das viel gescholtene außerirdische Leben. Die NASA ist mit dem Kepler-Projekt auf der Suche nach erdähnlichen Planeten und hat auch schon etliche gefunden. Was fehlt, sind Okkultationsmessungen bezüglich der Atmosphären. Aber wenn das welche mit Sauerstoff und Wasser sind, in habitablen Zonen, sind das heiße Kandidaten für außerirdisches Leben.

    Backt einfach mal kleinere Brötchen und erinnert euch an die schöne wissenschaftliche Tradition, daß man je genauer begründen muß, je weiter man sich aus dem Fenster lehnt.

    Holger

  2. @Holger Bruns:

    Hallo, als Erstes fällt mir auf, dass Sie offenbar nicht zwischen einem „Blog“ und „wissenschaftlicher Fachliteratur“ unterscheiden können. Sie befinden sich hier in einem Weblog, der eine andere Funktion hat als eine Zeitschrift wie der „Skeptiker“ oder ein Journal.

    Allerdings haben Sie nicht mal den Blog gelesen, sondern hätten Sie ihre „Fragen“ (besser: Vorwürfe) so nicht gestellt.

    Das Meiste von dem, was Sie schreiben, ist ziemlich widersprüchlich und unklar – wir können gerne ernsthaft diskutieren, falls Sie Ihr Anliegen etwas spezifizieren können.

    Derzeit stellen Sie nur Behauptungen auf, wie z.B. „Ich habe reale Geisterstimmen aufgenommen“.

    Woher wissen Sie das so genau? Können wir die mal hören?

    Sie fordern von uns Begründungen (die für jeden einzelnen Fall und jede einzelne Behauptungen haben), liefern aber selber keine, außer einer Art verquaster Wissenschaftsphilosophie.

    Desweiteren gibt es überhaupt keine „Kosmologie, die zum Beispiel „übersinnliche“ Erscheinungen sicher ausschließt“.

    Das tun wir auch gar nicht, und deshalb formulieren wir auch keine solche.

    Nach dem jetzigen Stand der Erkenntnis können aber Parawissenschaftler und Esoteriker keinerlei glaubhaften Belege für angeblich „Übersinnliches“ oder „Paranormales“ vorlegen.

    Natürlich verstehen wir die Welt nicht vollständig. Deshalb können wir aber trotzdem richtige Aussagen darüber machen, wie die Welt funktioniert. Selbst das geringe Wissen der Menscheit reicht aus, um konkrete Behauptungen widerlegen zu können, zum Beispiel dass Homöopathie eine Wirkung hat oder dass es „Geister“ gibt:

    xx http://www.gwup.org/zeitschrift/942-ist-da-was-geisterjaeger-in-bayern xx

    xx http://www.gwup.org/zeitschrift/skeptiker-archiv/675-skeptiker-2008-4 xx

    << Grundsätzlich würde ich vermuten, daß diese Welt einfach zu kompliziert für euch ist, weswegen ihr mit einfachen Erklärungen stets zufrieden seid.<< Nö, genau umgekehrt: Eso-Freaks und Parawissenschafter sind Diejenigen, die die einfachen Antworten lieben, weil sie nicht nachdenken können oder wollen. << Ach ja, und schon mal darüber nachgedacht, daß auch die UFOs, also die fliegenden Untertassen, nichts weiter als Vorläufer unserer heutigen Hubschrauber gewesen sein könnten? Also nix vom fremden Stern? << Nicht nur darüber nachgedacht, sondern aktiv geforscht, vermutlich im Gegensatz zu Ihnen. Dass zahlreiche "Ufo"-Sichtungen nach dem 2. Weltkrieg in Wahrheit geheime Testflüge von neuen Militärjets waren, ist uralt und dokumentiert, siehe Link unten. " Also nix vom fremden Stern? " Behaupten wir das irgendwo? << Es müssen nicht alles Idioten gewesen sein, die sowas in Roswell sichteten. Dort wurden nämlich neuartige Fluggeräte getestet. << Gleich zwei Unterstellungen: Wir behaupten nirgendwo, dass Ufo-Zeugen "alles Idioten" sind, wie kommen Sie auf sowas? In Roswell wurden aber keine "neuartigen Fluggeräte" getestet, sondern das Projekt Mogul, also Stratosphärenballons zu Spionagezwecken, siehe Link unten. << Ach ja, und dann das viel gescholtene außerirdische Leben. Die NASA ist mit dem Kepler-Projekt auf der Suche nach erdähnlichen Planeten und hat auch schon etliche gefunden. << Wieder eine Unterstellung: Wo genau "schelten" wir außerirdisches Leben? Und über Kepler und SETI berichten wir regelmäßig - ich sagte ja, Sie haben nichts hier gelesen, sonst würden Sie so etwas nicht behaupten: https://blog.gwup.net/2013/02/11/wann-macht-es-endlich-wow-beim-seti-projekt/

    https://blog.gwup.net/2010/08/05/die-geheimen-ufo-akten/

    http://www.gwup.org/infos/nachrichten/109-medien-weltraumzeitalter-und-ufo-mythen-60-jahre-roswell

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