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Aliens beim „House“-Arzt

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Ein 15-jähriges weibliches Model wird auf dem Laufsteg aggressiv und klappt zusammen. Heroinabhängigkeit? Posttraumatisches Stress-Syndrom? Nichts dergleichen – sondern Hodenkrebs. Denn das junge Mädchen ist genetisch ein Mann, zwar mit innenliegenden Hoden, aber auch die können Tumoren entwickeln.

Der Arzt, der auch in diesem bizarren Fall die richtige Diagnose stellte („männlicher Hermaphroditismus“) heißt Dr. Gregory House und arbeitet am fiktiven Princeton Plainsboro Lehrhospital.

Dr. House ist zynisch, selbstherrlich, uneinsichtig und schmerzmittelabhängig. Patienten hält er grundsätzlich für „Lügner“, entsprechend abweisend behandelt er sie. Dennoch ist das TV-Publikum süchtig nach dem griesgrämigen Misanthropen. Zitat aus einem Internetforum: „Sicher ist ein netter und kompetenter Arzt das Optimum, aber im Zweifelsfall ist mir Kompetenz lieber.“

Und kompetent ist er allemal, der querulante Anti-Brinkmann (immer dienstags bei RTL). Sogar eine vermeintliche Alien-Entführung kann er entmystifizieren, und zwar in der Folge „Zu den Sternen“.

Die Story: Ein kleiner Junge wird mit Wahnvorstellungen in die Klinik eingeliefert. Er hat Angst, dass Aliens ihn holen wollen und er einen Chip im Rücken hat, mit dem sie ihn anpeilen.

Nach mehreren Untersuchungen stellt das Team fest, dass das Kind tatsächlich ein Metallstück neben der Wirbelsäule hat. Nichts Besonderes eigentlich, hatte es doch vor einigen Jahren einen Armbruch, der mit einem Nagel behoben wurde. Aber was ist mit den Abduktions-Phantasien und dem Gefühl der Fremdbestimmtheit?

Die Diagnose des „House“-Arztes: das Fetus-in-Fetu-Syndrom. Also gewissermaßen ein Baby im Baby.

Dahinter verbirgt sich eine äußerst seltene Entwicklungsanomalie einer Mehrlings-Schwangerschaft, bei der sich irgendwo im Körper des Babys ein unterentwickelter Fötus einnistet, oft nur als kleiner Zellhaufen oder Gewebemasse und kaum von einer Zyste zu unterscheiden. Manchmal auch „Parasitic Twin“ genannt und mit einem primitiven Nervensystem ausgestattet. 

Leider gibt’s zu diesem Fall nicht viel mehr nachzulesen – auch nicht im aktuellen Buch der medizinischen Beraterin der Serie, Lisa Sanders. Darin geht es um „mysteriöse Krankheitsfälle und ihre Diagnose“ (so der Untertitel).

Das ist ganz spannend, interessant und lesenswert. Aber – anders als man vielleicht vermuten könnte – keine breite Sammlung von obstrusen ärztlichen Anekdoten, sondern eher ein Plädoyer der Autorin für „eine aussterbende Kunst“: nämlich die unmittelbare körperliche Untersuchung des Patienten.

Gibt es eigentlich auch in der Realität Mediziner, die sich mit angeblichen Alien-Implantaten beschäftigen?

Der CSI-Investigator Joe Nickell zitiert in einem seiner Bücher Dr. Virgil Priscu vom Department of Anesthesia am Kaplan Hospital in Rehovot, Israel: „No mystery, no implants“ erklärte ihm dieser. Nach Priscus Einschätzung können bei vielerlei Gelegenheiten (zum Beispiel beim Barfußlaufen oder bei einem Sturz) Splitter oder andere kleine Objekte unbemerkt in den Körper gelangen, von Gewebe ummantelt werden und sich dort lange Zeit festsetzen.

Dazu passt auch die Beobachtung, dass die ersten „Entführten“, wie Betty Andreasson in den 1960ern oder Dorothy Wallis Anfang der 80er-Jahre, noch dezidiert von kleinen kugelförmigen „Implantaten“ mit Stacheln oder Widerhaken berichteten, die zum Zweck der Gedankenkonterolle tief in die Nase eingepflanzt worden sein sollen.

Mittlerweile, da das Konzept breit bekannt ist, stößt man in der Ufo-Literatur auf alle möglichen Formen und Materialien, von Glasscherben bis hin zu sternförmigen Gegenständen aus Karbonfasern. Am ganzen Körper – sogar im Penis.

Her damit! Geht leider nicht.

Obwohl selbst Ufo-gläubig, beklagt nicht nur Priscu einen augenfälligen Mangel an physischen Beweisen („hard evidence“) für das behauptete Phänomen. 

Einen besonders bizarren Fall von außerirdischen Implantaten wollten Ufologen bei dem Amerikaner Richard Price ausgemacht haben. Er behauptete, die kleinen Grauen hätten ihn im Alter von acht Jahren entführt und ein kleines Objekt in seinen Penis implantiert.
Ein Arzt bestätigte, dass darin tatsächlich ein Fremdkörper eingekapselt sei. Nach acht Jahren fiel er heraus. Er hatte einen Durchmesser von knapp einem Millimeter und war vier Millimeter lang. Wissenschaftler am Massachusetts General Hospital untersuchten das seltsame Objekt sorgfältig. Ihr Befund: Collagen, das vom Körper an einem Entzündungsherd gebildet worden war. Plus Baumwollfasern aus Richard Price‘ Unterwäsche.

Und so bleibt für die Skeptiker derzeit wohl nur das Fazit von CENAP-Chef Werner Walter:

„Angebliche Alien-Implantate erwiesen sich schlussendlich nicht als technische Nanowunder-Kontrollinstrumente, sondern als simple und vor allen Dingen irdische Materialien, die den Menschen irgendwie und irgendwann mal in ihrem natürlichen Umfeld und unbewusst unter die Haut kamen und sich dort verkapselten.“

Zum Weiterlesen:

5 Kommentare

  1. Seltsamerweise wird der Umstand, dass die Implantate nie etwas außergewöhnliches waren in der Entführtenszene ignoriert, oder damit gerechtfertigt, dass die noch untersucht werden. Warum dann die Ergebnisse nicht bekanntgegeben werden ist eher uninteressant für die Fans.

  2. Besonders hervorgetan im Feld der angeblichen ET-Eimplantate hat sich ein hochgradig exologisierter Arzt namens Roger Leir. (Warum vertippe ich mich wohl ständig bei seinem Namen und schreibe ‚liar‘?)

    Dr. Leir hat über die Jahre ein regelrechtes Schlangenöl-Imperium aufgebaut, in dem er die angeblichen ausserirdischen Instrumente publizistisch ausschlachtet. (Der übliche Bücher- DVD- und Vorlesungs-Verkauf) Als Wissenschaftler müsste er mit Fakten kommen und wenigstens einmal Beweise vorlegen. Nichts von dem hat Eingang in seine anekdotischen Publikationen gefunden.

    Schon gar nichts über die angebliche Funktionalität. Würden nämlich Telemetriedaten im elektromagnetischen Spektrum gesendet, könnte jeder Elektroingenieur-Student im vierten Semester den Datenstrom decodieren – und den Beweis liefern, dass es sich tatsächlich um künstliche Implantate handeln würde.

    Dummerweise fallen aber immer mehr ungebildete Menschen auf die Überdosis von Märchen herein – und das Geschäft mit dem mist-erischen Oleum Serpentis hat im Westen dank Deindustrialisierung (Stichwort: Made in China) beste Aussichten.

  3. Diese Fötus-Geschichte erinnert mich an „Stark – the dark half“ von Stephen King.
    Da hat der Protagonist doch aus so einen „inneren Zwilling“.

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