gwup | die skeptiker

… denken kritisch seit 1987.

GWUP-Preview: Männer die auf Ziegen starren

| 5 Kommentare

Das war sie also, die Pressevorführung von „Männer die auf Ziegen starren“ (Kinostart: 4. März) in München.

Außer Weißbier vom Fass und Popcorn satt gab es einen durchaus guten Film – der genauso anfängt wie das zugrunde liegende Buch „Durch die Wand“ von Jon Ronson:

„Dies ist eine wahre Geschichte. Wir schreiben den Sommer 1983. Generalmajor Albert Stubblebine III sitzt hinter seinem Schreibtisch in Arlington, Virginia, und starrt an die Wand, an der seine zahlreichen militärischen Auszeichnungen hängen …

Er starrt durch seine Auszeichnungen auf die eigentliche Wand. Er spürt, dass da etwas ist, was er tun muss, obwohl ihm der Gedanke daran Angst macht.

Er denkt über die Entscheidung nach, die er zu treffen hat. Er kann in seinem Büro bleiben oder er kann ins Büro nebenan gehen. Es ist seine Entscheidung. Und er trifft sie.

Er geht ins Büro nebenan …

Bin ich bereit?, denkt er. Ja, ich bin bereit. Er erhebt sich von seinem Schreibtisch und geht los. Ich meine, so denkt er, woraus besteht ein Atom zum überwiegenden Teil? Aus Leerraum! Er beschleunigt seinen Schritt. Woraus bestehe ich zum überwiegenden Teil? Aus Atomen! Er rennt nun fast.

Woraus besteht diese Wand zum überwiegenden Teil?, denkt er. Aus Atomen! Ich muss nur die Leerräume zusammenfließen lassen. Die Wand ist eine Illusion. Was ist Schicksal? Ist es meine Bestimmung, in diesem Raum zu bleiben? Pah, sicher nicht!

Dann stößt General Stubblebine mit seiner Nase hart gegen die Wand. Verdammt, denkt er. Sein ständiges Versagen, durch diese Wand hindurch zu schreiten, verwirrt General Stubblebine.“

General Stubblebine heißt im Film „Brigadegeneral Dean Hopgood“. Abgesehen von den Namen der Protagonisten aber stimmt weitgehend das Motto, das im Vorspann eingeblendet wird: „More of this is true than you would believe.“

Neben dem glühend gläubigen Eso-Obristen Hopgood (Stephen Lang) gibt es auch den „Ziegentotstarrer“ Lyn Cassady (George Clooney) und den wirrköpfigen Oberguru der paranormalen Spezialeinheit Bill Django (Jeff Bridges) in echt.

Und „The Men who Stare At Goats“ ist ihre Geschichte.

Der Film löst sich insofern vom Buch, als dass er den roten Faden in Ronsons zahlreichen Interviews und Gesprächen findet und eine zusammenhängende Geschichte daraus macht – entlarvend komisch, von guten Schauspielern getragen, wenn auch ohne sonderliche inszenatorische Dichte.

Sie dreht sich um einen amerikanischen Lokalreporter (Ewan McGregor), der als Freelancer vom Irak-Krieg berichten will und dort einen ehemaligen Psychokrieger vom „Projekt Jedi“ trifft, der in Rückblenden die ganze abstruse Story um die PSI-Spione des Pentagons enthüllt – eine kleine Gruppe von Soldaten, die dafür trainiert wurde, „durch Objekte, beispielsweise Wände, zu schreiten, mit ihrem Geist Metall zu verbiegen, über Feuer zu gehen, schneller zu rechnen als ein Computer, ihr Herz anzuhalten, ohne Schaden zu nehmen, in die Zukunft zu sehen, außerkörperliche Erfahrungen zu machen“.

So jedenfalls steht es im Handbuch des realen „First Earth Battalions“ zu lesen, welches das Vorbild für die „Jedi-Krieger“ im Film abgab.

Hat das funktioniert? Nur zwei Beispiele:

  • Im Film fällt die von George Clooney angestrengt angestarrte Ziege tatsächlich um. In der Realität wurde Enthüllungsjournalist Ronson nur einiger sonderbarer Filmaufnahmen ansichtig, die das EKG einer Ziege zeigten – und eine allmähliche Verlangsamung der Herzfrequenz des Tiers von „Mitte 60 runter auf 55“.
  • Im Film will eine amerikanische Regierungsbehörde von der PSI-Einheit wissen, wo sich der panamaische Diktator Manual Noriega nach seinem Sturz 1989 aufhält. Einer der Supersoldaten versetzt sich in Trance und schreibt auf ein Stück Papier: „Fragt Angela Lansbury!“ In Wirklichkeit war es die Schauspielerin Kristy McNichol, die von dem „Mönchskrieger“ aus unerfindlichen Gründen ins Spiel gebracht wurde – und die ebenso wenig eine Ahnung hatte wie ihre Kollegin Lansbury in der Spielhandlung.

Der Film endet mit einer Herde Ziegen, derer die beiden Protagonisten zufällig ansichtig werden – auf einem amerikanischen Militärstützpunkt, irgendwo in der irakischen Wüste. Die Geschichte der „Jedi-Krieger“ ist also noch nicht zu Ende.

Und in der Wirklichkeit?

Fest steht: Der berühmte „Ziegentotstarrer“, der mit richtigem Namen Guy Savelli heißt, rief Ronson noch im Jahr 2004 an, um ihm aufgeregt mitzuteilen, dass er wieder nach Fort Bragg beordert worden sei, ins Hauptquartier der amerikanischen Sonderheiten.

Mit einer Ziege? wollte Ronson wissen.

„Ich kann Ihnen nur sagen“, antwortete Guy, „dass ein Tier eine Rolle spielen wird.“

Links zum Thema:

Zum Weiterlesen:

  • Jon Ronson (2008): Durch die Wand. Die US-Armee, absurde Experimente und der Krieg gegen den Terror. Salis-Verlag, Zürich

5 Kommentare

  1. Das Buch sollte man auch auf jeden Fall lesen. Ist absolut irre :)

  2. Wenn das Buch absolut irre ist, bedeutet es für mich, es nicht zu lesen…

  3. @Marcus Aurelius:

    Wieso sollte das Buch „absolut irre“ sein?

    Es ist halt eine (freie) Nacherzählung der realen Geschehnisse.

  4. @ Marcus Aurelius
    „Wenn das Buch absolut irre ist, bedeutet es für mich, es nicht zu lesen…!“

    Absichtlich falsch ausgelegt?

  5. Scheint so – ich jedenfalls habe mich sehr amüsiert, als ich es gelesen habe, und absolut irre war es trotzdem – in mehr als einer Hinsicht…

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.