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Grönemeyer – Der Popstar der Medizin

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„Sein Bruder Herbert Grönemeyer ist ein Star der Popmusik – er ist ein Star der Medizin.“

Solcherlei Gebrauchslyrik geht Talkmastern, Moderatoren und Laudatoren verdächtig oft über die Lippen, wenn es um Profesor Dr. Dietrich Grönemeyer aus Sprockhövel bei Wuppertal geht.

Beim Eifel-Literatur-Festival etwa, wo der Radiologe und Bestseller-Autor sein Buch „Lebe mit Herz und Seele“ vorstellte, konnte man bei der Einführungsrede den Eindruck bekommen, ein weltberühmter Gelehrter und zigfacher Medizin-Nobelpreisträger beehre die regionale Veranstaltung. Einige Zitate daraus:

„Alles, was dieser Mann anfängt, scheint ihm zu gelingen: Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer … Er ist erfolgreicher Arzt, der bekannteste und renommierteste, den wir in Deutschland haben … Ansonsten findet Grönemeyer, international renommierter Arzt und Wissenschaftler, „Rückenpapst“, kämpferisch-streitsamer Querdenker und Visionär, wenn es um die Medizin der Zukunft und die Zukunft der Medizin geht – ansonsten findet Prof. Grönemeyer Anerkennung weltweit in geradezu atemberaubendem Ausmaß.“

Wow! Anscheinend hat Olaf Sperwer einen wirklich guten Job gemacht. Olaf wer? Olaf Sperwer ist ein ehemaliger RTL-Journalist und Grönemeyers langjähriger Medienberater. Stimmt seine Darstellung, dann wurden Grönemeyer und seine Methoden mit einer teuren PR-Kampagne systematisch in den Medien lanciert.

Arztkollegen nahmen Dietrich Grönemeyer hingegen kaum wahr – und wenn, dann warfen sie ihm Dampfplauderei und schlichten Populismus vor. Wie ist es um die fachliche Kompetenz des „Medizin-Papstes“ (Bild) tatsächlich bestellt?

Im SKEPTIKER, der Anfang Dezember erscheint, nimmt sich der Biologe und renommierte Medizinjournalist Dr. Christian Weymayr „Grönemeyers neues Hausbuch der Gesundheit“ (Rowohlt Verlag) vor.

„Zum Popstar wird man, wenn man dem Volk gibt, was es will – sei es zu Herzen gehende Reime oder eine Darstellung der Medizin, die möglichst viele relevante und mehrheitsfähige Schlagwörter umfasst“,

analysiert Weymayr in seiner Besprechung. Was aber ist eigentlich so schlimm an dieser weichgespülten Mixtur aus Küchenpsychologie, chinesischen Pieksnadeln und dem üblichen „Wer-heilt-hat-Recht“-Geschwurbel? Die Leser des SKEPTIKER sind schließlich „ganz andere Abgründe der Unwissenschaftlichkeit gewohnt“, stellt der Co-Autor von „Mythos Krebsvorsorge“ nüchtern fest. Stimmt.

Doch während Hokuspokus und Esoterikklimbim als Kontrapunkt zur Schulmedizin verstanden werden wollen „und sich leicht als un- oder parawissenschaftlich identifizieren lassen, beansprucht Grönemeyer für sich das Prädikat Wissenschaft“. Und das ist fatal. Dass „ein Laie dies kaum durchschauen kann“, wie Weymayr argwöhnt, stellt in augenfälliger Weise die Rezensentin von Deutschlandradio Kultur unter Beweis. Susanne Billig fällt prompt auf diese Eso-Camouflage rein und preist Grönemeyers neues Buch als „angenehm ideologiefrei“.

Ideologiefrei? Liebe Frau Billig, wer die Subjektivität zum wissenschaftlichen Prinzip erhebt, ist alles Mögliche – nur nicht ideologiefrei.

5 Kommentare

  1. Volltreffer, der Redner vom Eifel-Literaturfestival war mal mein Deutschlehrer O_o

  2. Guten Tag.

    Was dieser sogenannte Popstar der medizin von sich gibt ist einfach nur lästig. Er macht den Menschen die Rückenprobleme haben gegen teure Gebühren Hoffnung auf ein schmerzfreies Leben. Wissenschaftlich ist diese unter dem Computertomographen gesetzte Spritzen – therapie zwar schmerzlindernd, aber es behebt nicht die Ursache des Schmerzes.
    Die Titel die Herr Grönemeyer so alle gesammelt hat sind auch höchst zweifelhaft.
    Ich kann nur jedem Bandscheibengeplagten empfehlen, fahrt nach Gensingen und lasst Euch dort behandeln. Gebt einfach Bandscheiben OP Gensingen bei Google ein und Ihr landet bei Herrn Dr. Klein und seinem Team.
    Ich bin diesem Team so zu Dank verpflichtet das ich heute schmerzfrei bin.
    Aber wer diesem Zauberdoktor glauben schenken will der kann auch ins nächste Esotherik Geschäft gehen und sich irgendwelche Räucherstäbchen oder Öle holen und dann im Schneidersitz OOOOHHHMMMMMMM sagen, wem es hilft?

  3. Herr Harder, ich danke Ihnen!

    Endlich macht das mal jemand zum Thema. Schon lange geht mir das Geklappere von und um Prof. Dr. Grönemeyer auf die Nerven.

    Grundsätzlich finde ich es seltsam, wenn Ärzte ZU OFT im Fernsehen zu sehen sind, insbesondere in Sendungen der Privaten, wo man immer häufiger den Eindruck bekommt, der Arzt will dem Patienten am Bildschirm nicht helfen, sondern nur seiner Popularität einen Schub verpassen.

    Schon in der Anmoderation vernimmt man oft peinlichste Ansagen, Selbstbeweihräucherung pur (der Text wird meist den Moderatoren von den Ärzten vorgeschrieben).

    Dumm ist auch, wenn das Volk am Bildschirm durch den permanenten Wiederholungseffekt (ständig wiederkehrende Fernsehpräsenz) denken, der oder der Arzt muss ja besonders gut sein, sonst würde nicht gerade er in die Sendungen eingeladen. Also DER Fachmann! Was für ein Blödsinn.

    Ins Fernsehen kommen nicht die Besten, sondern die, die sich besonders geschickt darum bemühen oder jemanden haben, der das für sie macht.

    Kollegen rümpfen oft die Nase über solche Selbstdarsteller, und dies nicht aus Neid.

    Nein, die besten Ärzte sind nicht die, die sich im Fernsehen als solche anmoderieren lassen, sondern die, die so oft wie möglich persönlich für ihre Patienten in ihrer Praxis zu Verfügung stehen, oder wirklich Bahnbrechendes erreicht haben.

    Und wenn Grönemeyer für sich das Prädikat Wissenschaft beansprucht, sollte das mehr als zu denken geben …

  4. @ Bernd Harder
    Danke, sehr interessant, einiges ist mir neu.
    Der Mann ist aus meiner Sicht ja noch schlimmer, als ich dachte.

    Bei uns in Köln nennt man Personen, die so agieren, „Blender“ oder „Aufschneider“. Und dies ist auch meine persönliche Meinung!

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